Zahlreiche Patinnen und Paten mit Tafeln am Königsplatz

Alle 1000 Münchner Bürgerinnen und Bürger, die vom NS-Regime getötet wurden, hatten Patinnen und Paten gefunden. Am Königsplatz trafen sie sich zu einem Weg der Erinnnerung.

Bild: Oliver Kahl

Besonderes Erinnerungsprojekt am 11.4.

Erinnerung an 1000 Schicksale

Mit dem Projekt „Die Rückkehr der Namen“ erinnerte der Bayerische Rundfunk am 11. April an 1000 Münchnerinnen und Münchner, die während des NS-Regimes ermordet wurden. Auch evangelische Christinnen und Christen beteiligten sich daran.

Es ging um Einzelschicksale. Um Namen von Frauen, Männern und Kindern, deren einzigartige Biografien nicht vergessen werden sollen. Die jüngsten wenige Monate alt und die ältesten über achtzig, unter ihnen waren jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger, Sinti und Roma Zwangsarbeiterinnen, politisch Verfolgte und Menschen anderer Verfolgtengruppen des NS-Regimes. Sie alle eint, dass sie verfolgt, entmenschlicht und ermordet wurden.

Eine neue Form des Erinnerns

Mit dem Projekt führte der BR eine neue Form des Erinnerns in München ein. Jeder über 16 Jahre konnte die Patenschaft für einen Menschen übernehmen. So standen am 11. April um 15 Uhr – ganz bewusst wurde kein Gedenktag gewählt -  1000 Patinnen und Paten mit Tafeln am Wohnhaus oder der Wirkungsstätte ihrer Person und informierten über ihr Schicksal.  Sie setzten damit ein klares Zeichen gegen das Vergessen und für den Einsatz für die freiheitlich-demokratische Grundordnung, die verhindern soll, dass so etwas nie wieder geschieht.

Unter den Paten war auch Landesbischof Christian Kopp. Er stand in der Schellingstraße für den politisch Verfolgten Hermann Frieb, der als Mitglied der Widerstandsgruppe „Neu Beginnen“ verhaftet und in Stadelheim hingerichtet wurde. „Das Projekt Rückkehr der Namen erinnert an Menschen, die in finsteren Zeiten von den Nazis hingerichtet wurden“, begründete der Landesbischof seine Teilnahme an dem Projekt.  "Die Demokratie, in der wir leben dürfen, ist das beste politische System, das Deutschland je hatte. Das dürfen wir nie vergessen. Darum stelle ich mich am 11. April in die Schellingstraße und erinnere an Hermann Frieb.“

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Thomas Prieto Peral: Leid konkret werden lassen

Mit der Biografie des antifaschistischen kommunistischen Kämpfers Simon Hutzler beschäftigte sich der Münchner Regionalbischof Thomas Prieto Peral. Er war sehr angetan von der Idee, die Dimension des Leids, das Münchnerinnen und  Münchner erfahren mussten, durch dieses Paten-Projekt konkret und leibhaftig werden zu lassen. Mit Simon Hutzler habe er sich erst auseinandersetzen müssen: „Könnte ich mit ihm diskutieren, wären wir uns beim Antifaschismus sicher einig, in vielen politischen Punkten aber unterschiedlicher Meinungen. Hutzlers politischer Kampf als Arbeiter war von einer ganz anderen Natur als etwa der Widerstand eines Dietrich Bonhoeffer – und er fordert mich als evangelischen Christen auch anders heraus.“ Es sei eine wichtige Erfahrung, sich damit zu befassen, so Prieto Peral. “Aber genau hier gilt, dass Freiheit immer die Freiheit der anderen ist. Oder um mit Voltaire das Wesen der freien Demokratie zu beschreiben: „Ich lehne ab, was Sie sagen, aber ich werde bis zum Letzten verteidigen, dass Sie es sagen dürfen.‘“

„Weg der Erinnerung“

Um 17 Uhr trafen sich alle Patinnen und Paten und andere interessierte Bürgerinnen und Bürger am Königsplatz. Von dort aus machten sie sich gemeinsam auf einen Weg der Erinnerung zum Odeonsplatz, auf dem eine bunte Abschlussveranstaltung mit Kultur- und Informationsprogramm, Musik, Performances, Zeitzeugeninterviews und Filmen den Tag des Erinnerns beschloss.

10.04.2024
ELKB

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