Pressemitteilung vom 13.09.2019

Landesbischof Bedford-Strohm: „Fridays for Future hat den Klimawandel endlich ins Zentrum der öffentlichen Debatte gestellt“

Landesbischof unterstützt Teilnahme an Klima-Demos am 20. September

Der bayerische Landesbischof und EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm zu den Forderungen, die „Fridays for Future“ an die Kirchen gerichtet hat (https://fff-muc.de/forderungen-churches-for-future.pdf):

 

„In den letzten Monaten ist durch die von Greta Thunberg angestoßene Schülerbewegung „Fridays for Future“ die Herausforderung des Klimawandels hier in Deutschland, aber auch in vielen anderen Ländern ins Zentrum der öffentlichen Debatte gerückt. Man muss sagen: endlich ins Zentrum der öffentlichen Debatte gerückt! Als Kirche freuen wir uns sehr über das leidenschaftliche Eintreten der jungen Leute für eine auch in Zukunft lebenswerte Welt. Ganz besonders freut mich, dass evangelische Jugendgruppen an vielen Orten bei Mahnwachen und Demonstrationen teilnehmen (etwa in Augsburg, Bamberg, Fürstenfeldbruck, Fürth, München, Nürnberg, Schweinfurt, Weilheim und Würzburg)

 

Die Bewahrung der Schöpfung ist für uns in der Kirche seit langem ein Herzensanliegen. Vor 30 Jahren formulierten die Kirchen der Welt (Ökumenischer Rat der Kirchen) im südkoreanischen Seoul:

 

Wir plädieren „für die Entwicklung einer Kultur, die in Harmonie mit der ganzen Schöpfung lebt; für die Erhaltung der Erdatmosphäre und damit für die Überlebensfähigkeit der Welt; für die Bekämpfung der Ursachen der gefährlichen Veränderungen der Atmosphäre, die das Klima der Erde grundsätzlich zu verändern drohen und viel Leid mit sich bringen“.

 

Was heute wie ein Manifest von Fridays for Future klingt, ist die Kernbotschaft des damals begonnenen Konziliaren Prozesses für Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung. Dringlich appellierten die Kirchen damals an die Politiker in aller Welt, endlich konsequente Maßnahmen zur Begrenzung der Klimaerwärmung zu treffen. Es hat lange gedauert, bis die damals veröffentlichten Forderungen, jetzt im Zentrum der globalen politischen Debatte stehen.

 

Für mich hat ein Besuch in unserer Partnerkirche in Tansania die Dringlichkeit des Themas vor Augen geführt. Meine Freunde dort zeigten mir die verdorrten Felder, Entwicklungsprojekte, die wegen der klimawandelbedingten Wetterextremitäten einfach kaputtgehen. Unser CO2-Ausstoß liegt in Deutschland pro Kopf und Jahr zwischen 9 und 10t, der in Tansania bei 0,2t.

 

Das macht deutlich: die ersten Opfer des Klimawandels sind häufig die, die am wenigsten dazu beigetragen haben: Vor einigen Wochen wurde von der christlichen Hilfsorganisation Christian Aid eine Studie veröffentlicht, die auf die katastrophalen Auswirkungen des Klimawandels auf die Nahrungsmittelproduktion in dem kleinen zentralafrikanischen Land Burundi hinweist. Dabei liegt in Burundi der CO2-Ausstoß pro Kopf und Jahr bei nur 0,027t. Das ist nicht fair.

 

Als Schirmherr des Klimapilgerwegs der EKD habe ich bei der Klimakonferenz in Paris die 1,7 Millionen Unterschriften für beherzte Klimaschutzmaßnahmen an die Generalsekretärin des Sekretariats der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen Christiana Figueires mit überreicht. Und bei der zurückliegenden Klimakonferenz in Kattowitz habe ich – auf Einladung der polnischen Akademie der Wissenschaften und des Klimaforschers Hans-Joachim Schellnhuber zusammen mit dem Primas der polnischen Bischofskonferenz für einen Erfolg der Konferenz geworben.

 

Ich begrüße und unterstütze es ausdrücklich, dass am 20. September in Deutschland und in aller Welt viele junge und alte Menschen für eine lebenswerte Zukunft für alle Menschen heute und in der Zukunft demonstrieren. Auch ich plane, an der Demonstration in München teilzunehmen.

Zu den Forderungen von Fridays for Future an die Kirchen:

(https://fff-muc.de/forderungen-churches-for-future.pdf)

Immobilien:

Von den konkreten Forderungen von Fridays for future an die Kirchen haben wir vieles schon angepackt. Wir haben uns in verschiedenen Synoden mit dem Klimawandel beschäftigt - etwa bei der Bad Windsheimer Klimasynode 2009. Ergebnis: Mit Investitionen von 77,8 Mio Euro  wurden in den vergangenen Jahren bereits 973 Pfarr- und Gemeindehäuser saniert, darunter 452 mit energetischer Sanierung. Viele Gemeinden und kirchlichen Einrichtungen nehmen teil am Umweltmanagement und sparen im Durchschnitt 20% der Heiz- und Stromkosten ein. Auf Inlandsflüge verzichten wir natürlich weitestgehend. Alle nicht vermeidbaren Flüge werden durch eine Einzahlung an www.klimakollekte.de CO2-kompensiert. Bei der Landessynode in Lindau Frühjahr wurde ein Integriertes Klimaschutzkonzept beschlossen.

Kirchliche Tagungshäuser bieten immer häufiger eine fleischreduzierte und bio-regional-saisonale ausgerichtete Küche an. Positive Folge für das Klima: Deutlich weniger Emissionen durch geringere Transportwege, Verzicht auf Kühlung und Lagerung, kein Energieaufwand für Treibhaus-Gemüse. Vorreiter sind das Geistliche Zentrum Schwanberg, die Evangelische Akademie Tutzing und das Evangelische Bildungszentrum in Pappenheim.

Kirchliche Finanzanlagen:

- Die bayerische Landeskirche hat im Jahr 2017 Klimakriterien in die kirchliche Vermögensanlage eingeführt. So schließen wir alle Unternehmen aus, die mit mehr als 1% an der globalen Kohleförderung beteiligt sind. Wir schließen Unternehmen aus, die mehr als 10% ihres Umsatzes mit der Produktion von Ölsanden erwirtschaften. Ferner erlauben wir Investments nur in solche Energieversorger, die beim Ausbau Erneuerbarer Energien überdurchschnittlich voranschreiten.

- Ende 2017 haben wir unser Gesamtportfolio einer doppelten Klimaanalyse unterzogen - und zwar bei der "2-degree-investing-initiative" sowie bei dem Nachhaltigkeitsdienstleister ISS-climate (früher oekom research), der für uns einen Klimabericht nach den Standards der Taskforce on Climate Related Financial Disclosure ( TCFD) erstellte. Diese Analysen haben wir per Ende 2018 wiederholt. Das Ergebnis: Hinsichtlich der fossilen Energieträger sind wir sehr verantwortlich aufgestellt. Ein Beispiel: Wenn wir den Strommix der Energieversorger, in die wir tatsächlich investiert sind, konsolidieren, sehen wir sogar, dass wir hier besser sind,  als es der Pfad des 2- Grad-Zieles gemäß den Szenarien der International Energy Agency (IEA) vorsieht. Es ist also schon jetzt möglich, in der Branche der Energieversorger klimaverträglich investiert zu sein. Davon können wahrscheinlich nur wenige andere institutionelle Investoren in Deutschland berichten.

- Viel CO2 Ausstoß gibt es noch in energieintensiven Branchen wie zum Beispiel Automobil, Chemie, IT (z.B. Energieverbrauch der weltweit genutzten Rechenzentren), Stahl, Wohnen oder Zement. Deshalb führen wir Investorendialoge zur Klimaverantwortung zahlreicher Unternehmen; und zwar zusammen mit anderen evangelischen Investoren in Deutschland sowie mit britischen und skandinavischen kirchlichen Investoren.

- Neben den Wertpapieren sind wir auch weltweit in Erneuerbare-Energien- Anlagen investiert. Unser Ziel ist es, den CO2-Footprint der gesamten Wertpapieranlage zu senken und gleichzeitig die durch direkte Erneuerbare-Energien-Anlagen vermiedenen Emissionen zu steigern. Wenn wir über längere Zeitreihen dieser Auswertungen verfügen, wollen wir gerne auch darüber berichten. Die ersten Auswertungen aus den vergangenen zwei Jahren stimmen uns zuversichtlich.

Religionsunterricht:

Schöpfungsverantwortung und Klimaschutz sind seit Jahren fester Bestandteil der Lehrpläne im Religionsunterricht:

Beispielsweise bereits in der ersten/zweiten Klasse Grundschule heißt es im Lernbereich „Unsere Welt - Gottes Schöpfung“, die Schüler/innen sollen "entdecken, wie vieles in der Schöpfung aufeinander bezogen und jeder einzelne darin eingebunden ist und entwickeln konkrete Möglichkeiten, ihre Welt mitzugestalten.“

Die Schüler/innen in der Mittelschule (8. Jahrgangsstufe) reflektieren "die gegenseitige Beeinflussung von Mensch und Natur sowie das Spannungsfeld, in dem Menschen einerseits aufgerufen sind, die Schöpfung zu bewahren und gestalten, sie andererseits aber auch gefährden. Sie begründen verantwortungsvolles Handeln für Mensch und Umwelt aus dem Auftrag Gottes und zeigen an Beispielen, wie eine Umsetzung möglich ist.“

Doch auch neben diesen Kernfeldern des Religionsunterrichts werden Verknüpfungen möglich - wenn in der 9. Jahrgangsstufe Gymnasium „Kirche und Staat“ oder „Arbeit und Leistung“ die besondere christliche Verantwortung in diesen Feldern des Engagements hervorgehoben werden kann, ist stets auch Umweltengagement ein Thema.

In der 10. Klasse Realschule soll – laut Lehrplan - das Themenfeld „Verantwortung übernehmen“ anhand der aktuellen gesellschaftlichen Fragen diskutiert werden.

Materialien für Umweltgottesdienste stellen wir seit vielen Jahren zur Verfügung.

Die Glocken werden am 20. September in vielen Kirchen in Bayern läuten, wo Andachten und Gottesdienste zu dem Thema angeboten werden. Das Glockenläuten lädt in unserer Kirche nämlich immer zum Gottesdienst ein.

13.09.2019
München, Johannes Minkus, Pressesprecher

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