Pfingstrosen

Gottes Geist ist mitten in der Welt am Werk - das wird an Pfingsten gefeiert.

Bild: Lüters

Pfingstpredigten

Ein "Geist der Nachdenklichkeit"

In ihren Pfingstpredigten fanden der Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm und die Regionalbischöfinnen und Regionalbischöfe in diesem Jahr sehr nachdenkliche Töne.

"Für mich ist der Pfingstgeist in diesem Jahr kein Geist enthusiastischer religiöser Erfahrungen, sondern ein Geist der Nachdenklichkeit, ein Geist des Trostes und auch ein Geist der Zuversicht“ - so Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm in seiner Pfingstpredigt in der Münchner St. Matthäuskirche.
Predigttext für den Pfingstsonntag war die  Geschichte vom Turmbau zu Babel (Gen 11,1-9) aus der Urgeschichte.

Die Predigten des Landebischofs sowie der Regionalbischöfinnen und -bischöfe zum Nachlesen

Mehr

Weniger

Die Pandemie habe uns schmerzlich unsere Grenzen gezeigt, so der Landesbischof. Diese Erfahrung habe unser Lebensgefühl erschüttert, unser ganzes Weltverständnis in Frage gestellt. Darum könne eine neue Nachdenklichkeit der erste Schritt sein „zu einem guten Leben in den Grenzen, die Gott uns aus Liebe gegeben hat“, so der Landesbischof.

Für Bedford-Strohm erhoffen jetzt Menschen Orientierung von den „alten Worten der Bibel, die schon so viele Menschen durch schwere Zeiten getragen“ hätten. Die biblische Erzählung vom Turmbau erinnere darin, so Bedford-Strohm, dass Gott den Menschen den Auftrag und die Fähigkeit gegeben habe, die Welt zu gestalten, Zivilisationen aufzubauen, und Kulturen zu entwickeln. Die Entwicklung der Naturwissenschaften, etwa der Medizin, sei ein Segen, der vielen Menschen das Leben gerettet habe, so der Landesbischof. Doch der Mensch sei nicht allmächtig, sondern müsse auch seine Grenzen anerkennen. „Die Krone der Schöpfung ist nicht der Mensch, sondern der Sabbat. Am 7. Tag ruhte Gott“.

Besuchen Siie auch die Pfingstseiten auf Kirchenjahr-evangelisch.de mit einem gezeichneten Impuls "Kirchenjahr beflügelt" von Johannes Goldenstein.

Die Endlichkeit akzeptieren

Nötig sei deshalb die Einsicht, dass wir Menschen unsere Endlichkeit akzeptierten, betonte der Landesbischof. Es gelte, die „Endlichkeit anzunehmen, anstatt wissenschaftlichen Heilslehren aus der digitalen Welt des Silikon Valley auf den Leim zu gehen, die des Menschen Unsterblichkeit versprechen“, oder die Möglichkeiten moderner Reproduktionsmedizin dazu zu missbrauchen, sich nun selbst zum Schöpfer aufzuschwingen und den Menschen zum eigenen Bilde zu erschaffen“, betonte Bedford-Strohm. „Wir werden anders aus dieser Pandemie herausgehen als wir hineingegangen sind“ – so Bedford-Strohm. „Und ich hoffe, dass Gottes Geist, den wir an Pfingsten erfahren, uns Kraft zu einem Neuanfang gibt – einem Neuanfang, der geprägt ist von Achtsamkeit füreinander, von Dankbarkeit für die kleinen Dinge des Alltags, die wir so lange für viel zu selbstverständlich genommen haben, und auch von Solidarität mit denen, die von der Pandemie besonders schwer getroffen worden sind. Ich wünsche mir, dass der Pfingstgeist uns alle neu zusammenführt.“

Gisela Bornowski: Gott mag es bunt und vielfältig

Auch Regionalbioschöfin Gisela Bornowski erklärte in ihrer Pfingstpredigt in Würzburg St. Johannis, es gehe in der Erzählung vom Turmbau um menschlichen Größenwahn und Hybris. Hier werde das Streben der Menschen kritisiert, eine Einheitskultur zu schaffen und damit andere zu beherrschen. Solches Herrschaftsstreben bilde sich in Projekten sogenannter Herrschaftsarchitektur ab. "So groß die Bauwerke sind, so mächtig sind ihre Erbauer. Sie wollen eine Einheitskultur erzwingen – die eine Sprache, die alle sprechen." Hier greife Gott ein und verwirre die Sprachen, "damit sein guter Plan für die Zukunft nicht vereitelt wird: nämlich die Vielfalt und Freiheit der Völker, ihre vielen Sprachen und Kulturen und ihre je eigene Geschichte. Gott mag es bunt und vielfältig, das ist Ausdruck seiner Schöpfermacht." Insofern sei die Pfingsterzählung keine Antigeschichte zum Turmbau von Babel sondern sie greife dessen Faden auf und führe ihn fort. "Das Pfingstwunder ist eigentlich gar kein Sprachenwunder. Pfingsten ist ein Hörwunder; alle hören die Apostel in der je eigenen Muttersprache die großen Taten Gottes verkünden!" Der Heilige Geist schalte die Vielfalt nicht aus. Vielmehr bestätige und würdige er die von Gott gestiftete sprachliche und kulturelle Vielfalt der Menschen. "Der Geist Gottes schafft an Pfingsten etwas Neues: Eine Verbundenheit, eine versöhnte, mehrsprachige Gemeinschaft der Nachfolgerinnen und Nachfolger Jesu. Das ist nicht weniger als der Beginn einer neuen Gesellschaft."

Christian Kopp: die Andersartigkeit feiern

Pfingsten sei das Fest der unendlichen Möglichkeiten des Lebens und des Glaubens, betonte Regionalbischof Christian Kopp in seiner Pfingstpredigt am 25. Jubiläum der Kirche "Zum Guten Hirten" in Altötting. "Die Grundaussage des christlichen Glaubens ist „DA“: Gott ist da. Hier und heute. Bei Dir und bei mir. Und genau dieses DA sein feiert der christliche Glaube an Pfingsten." Die Erzählung des Turmbaus zu Babel an Pfingsten sei eine Ansage: "Größenwahn in Verbindung mit der Angst vor der Vielfalt verstellt oft die guten Wege. Und führt zur Abwehr. Die Angst schlägt um: in einseitiges und einfältiges Abgrenzen, in Angst vor denen, die anders sind und anders glauben. Antisemitismus, Querdenker. Wer anderen keinen Raum lässt, erzeugt ein Klima der Erregung und Aggression." Pfingsten dagegen sei das Fest, an dem Menschen ihre Andersartigkeit feierten.  "Die Verschiedenheit macht unser Leben doch erst interessant." Der Geist wehe wo er will. Zur christlichen Gelassenheit gehöre zuzulassen, dass die anderen anders seien. "Und am Ende sogar noch anders denken und anderes sagen als ich. Und vielleicht nicht nur zuzulassen, sondern sogar es noch gut zu finden. Spannend und interessant."

Elisabeth Hann von Weyhern: Geburtstag der Kirche und Albrecht Dürers

In ihrer Predigt in der Nürnberg St. Sebald erinnerte Regionalbischöfin Elisabeth Hann von Weyhern nicht nur an den Geburtstag der Kirche, sondern auch an den Geburtstag Albrecht Dürers, der sich am 21. Mai zum 550. Mal jährte und dessen Tauf-, Pfarr- und Traukirche sowie künstlerische Inspiration die Sebalduskirche war. Dürer habe Nürnberg in der Epochenwende der Reformation erlebt, so die Regionalbischöfin und in diesem Umfeld sein Werk geschaffen. "Es sendet bis heute aufregende Nachrichten direkt von den sich vertiefenden Bruchlinien einer zum Untergang verurteilten Welt: Spuren tiefgreifender Ängste, apokalyptische Szenarien und zugleich Hoffnung auf neue, bessere Zeiten; erneute Verstörung und Sehnsucht nach Frieden; Ernüchterung, Ermüdung und ungebrochener Wille zur Reform, und doch immer wieder auch: nicht locker lassen in der Hoffnung für eine andere, eine erneuerte Welt." Die Frage nach Pfingsten "Was sollen wir tun?", habe sich für Dürer genauso gestellt wie für die Menschen heute, die nach dem Lockdown nach Antworten suchten. Hann von Weyhern nannte als Antwort von Pfingsten, die Verheißung der eigenen Taufe ernst zu nehmen. "Umkehren können ist keine Schwäche, sondern Basis für Zukunft. Fehler erkennen und benennen – mit dem Risiko schwach dazustehen. Dann erst Handeln." Das sei in Dürers Zeit nicht einfach gewesen und werde heute nicht einfach sein. "Die Verletzungen dieser quälenden Zeit werden nicht einfach aus der Welt sein." Ein Verzeihen könne hier nicht angeordnet werden. Aber es gebe die Hoffnung auf Versöhnung. "Arbeit ist das. Sicher. Viel. Aber es liegt ein Versprechen darin. Heilung ist möglich."

24.05.2021
ELKB