Schild mit der Aufschrift 'open'

Gottes Tür ist für alle offen - das drückt die Jahreslosung für 2022 aus.

Bild: pixabay/AlanDavidRobb

Neujahrspredigten 2022

"Gottes Tür steht offen"

Mit der wachsenden Spaltung in der Gesellschaft und den gegenseitigen Verurteilungen in der Pandemie beschäftigten sich die Predigten der Kirchenleitung zu Neujahr. Alle forderten dazu auf, trotz gegensätzlicher Positionen miteinander im Gespräch zu bleiben.

"Christus spricht: Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen" -  als dieser Vers aus Joh 6,37 zur Jahreslosung für 2022 ausgewählt wurde, sei an eine Pandemie noch gar nicht zu denken gewesen, so Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm in seiner Neujahrspredigt in München St. Matthäus. Dennoch besitze  dieses Bibelwort eine unmittelbare Aktualität. "Denn das Abgewiesenwerden ist vielleicht das Thema schlechthin in diesen Tagen. Es ist Gegenstand heftiger Diskussionen, erbitterter Auseinandersetzungen, emotional aufgeheizter Demonstrationen und Grund für Zerwürfnisse zwischen Menschen, die sich nahe waren."

Zum Neuen Jahr 2022 - Festgottesdienst mit Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm

Auch wenn es wirklich gute Gründe für Zugangsbeschränkungen gebe, werde das von ungeimpften Menschen ganz anders empfunden. "In den Briefen, die ich bekomme, kommt eine tiefe Verletzung darüber zum Ausdruck. Menschen fühlen sich abgewiesen, ausgegrenzt und gebrandmarkt", - gerade auch, wenn die 2G-Regelung in Gottesdiensten gelte. Kirche, so die Forderung dieser Menschen, müsse ihre Stimme gegen die Ausgrenzung erheben. Bedford-Strohm verurteilte scharf rechtsradikale Ideologien,"die die Ängste der Menschen in empörender Weise für ihre menschenfeindlichen ideologischen Zwecke auszunutzen versuchen". Aber es gebe auch die anderen, "die aufgrund bestimmter persönlicher Erfahrungen oder einseitiger Informationen schlicht Angst vor einer Impfung haben und große innere Bedrängnis zum Ausdruck bringen".

Beschränkungen, die dem Lebensschutz dienen

Jesus habe zuallererst den Menschen gesehen, so der Landesbischof. Und den habe er nicht abgewiesen. "Alle, die sonst so oft einfach links liegen gelassen werden, dürfen zu ihm kommen. Ihnen schenkt er Zeit und Beachtung. Und Respekt!". Würden sich die Coronaregeln gegen die Menschen und nicht gegen eine Bedrohung der Gesundheit richten, so der Landesbischof, dann müsste man sie zurückweisen. "Wenn sie aber dem Schutz des Lebens dienen, dann verdienen sie unsere Unterstützung. Denn Jesus war ein Freund des Lebens." Verantwortliches Handeln zum Schutz der Gesundheit stehe deshalb nicht im Gegensatz zur Jahreslosung.

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Im Gespräch bleiben

Die große Herausforderung für 2022 sei es, mit einander im Gespräch zu bleiben, betonte Heinrich Bedford-Strohm. Er versuche, auch in Streitgesprächen zu allererst den Menscheen zu sehen, der Respekt und ZUwendung verdient habe. Alles andere sei nachrangig. "Wer anderen so begegnet, macht eine interessante Erfahrung: Die Offenheit, die wir anderen gegenüber zeigen, kommt zurück. Denkblockaden lösen sich auf. Nicht sofort. Aber vielleicht später."

Neujahrsansprache der Regionalbischöfin Elisabeth Hann von Weyhern

Elisabeth Hann von Weyhern: Spaltungen überwinden

Vor geöffneten und verschlossenen Nürnberger Pforten hielt Regionalbischöfin Elisabeth Hann von Weyhern ihre Neuhjahrsansprache im Franken-TV. "Manchmal habe ich das Gefühl, so eine geschlossene Tür ist ein Symbol für den Zustand unserer Gesellschaft. Viele verschlossene Türen zwischen Menschen: Menschen, die sich unter sich einig sind,  aber die andern draußen halten wollen, oder sogar aussperren.Und auf der anderen Seite: Menschen, die es aufgeben haben, Gehör zu finden mit Argumenten. Menschen, die sich „abgehängt“ fühlen und Menschen, die meinen, auf der richtigen Seite zu sein und dicht machen. Verschlossene Türen. Und die Pandemie hat das wie in einem Brennglas auch noch verstärkt." Auf der einen Seite stünden Menschen, die überzeugt davon seien, nicht mehr gehört zu werden. Und auf der anderen Menschen, die ihre Geduld verlören. "Mürbe, alle beide. Müde geworden vor der Unerbittlichkeit der nächsten neuen Welle und längst überzeugt, dass sich nichts mehr ändern wird." Allein an die neue Regierung könne man es nicht delegieren, die Spaltung zu überwinden, so die Regionalbischöfin.

"Gottes Resonanzkörper"

In dem Bibelvers der Jahreslosung verspreche Jesus Christus, seine Ohren und sein Herz nicht vor denen zu verschließen, die an seine Tür klopften. Elisabeth Hann von Weyhern erklärte das mit dem Bild der Resonanz eines Instruments. Jesus verspreche: „Wenn du mir sagst, was dich beschäftigt, was dich bewegt, dann bewegst du mich, du bringst mich ins Schwingen. Du bleibst nicht ungehört.“ Gott nehme den  Menschen und seine Sehnsucht ganz ernst:"Du bist mir nicht egal." Diese Resonanz, so die Regionalbischöfin, könnte eine Anregung sein, Spaltungen zu überwinden. "Zuhören, sich auf das Gespräch einlassen, die Diskussion führen, auch wenn es ermüdend wird, wenigstens mit denen, die nicht total auf stur schalten." So könne jeder einzelne selbst zum "Resonanzkörper Gottes" werden.

Regionalbischöfin Gisela Bornowski: "Bei Gott zu Hause"

Ihre Neujahrspredigt 2022 hielt die Regionalbischöfin von Ansbach-Würzburg, Gisela Bornowski, anlässlich des 100. Weihejubiläums der St. Johannis-Kirche in Bechhofen. Mit Heimat verbinde sie immer auch die Kirchengebäude, in denen sie sich zu Hause gefühlt hätte, so die Regionalbischöfin. "So wird es Ihnen mit Ihrer St. Johannis- Kirche auch gehen. Viele von Ihnen verbinden wichtige Lebensstationen mit dieser Kirche, denken an frohe und traurige Stunden, die Sie hier verbracht haben, wo sie zu Gott gekommen sind, um seine Nähe zu spüren." Heimat sei dort, "wo ich mich nicht erklären muss", so die Regionalbischöfin. "So ist das bei Gott, so ist das hier in Ihrer Kirche: Sie müssen sich nicht erklären. Sie dürfen kommen, wie Sie sind und werden von Gott so angenommen – traurig oder fröhlich, gewiss oder zweifelnd, lebensfroh oder mit Sorgen beladen, glücklich oder enttäuscht, krank oder gesund, geimpft oder ungeimpft, einheimisch oder fremd. Alle dürfen sich von Gott angenommen, zu Hause und geborgen fühlen."

Das drücke die Jahreslosung aus. Gerade in einer Zeit, in der Menschen erlebten, dass sie so wenig voraussehen und nicht alles im Griff haben können, sei es wichtig zu Gott kommen zu dürfen, der sich mit dem Kind in der Krippe an die Menschen gebunden hätte. Dieser menschliche Gott weise die Menschen aneinander, um füreinander da zu sein: "Vergesst über euren Sorgen die Sorgen anderer nicht", so die Regionalbischöfin:"Niemanden sollen wir abweisen, keiner soll verloren gehen."

03.01.2022
ELKB