Interview mit Philipp Müller, Pfarrer der Jugendkirche LUV in Lindau

Interview mit Philipp Müller, Pfarrer der Jugendkirche LUV in Lindau

Bild: privat

Fastenaktion 2024

Solidarität aufleuchten lassen

Die Fastenaktion „füreinander einstehen in Europa“ hat die Jugendarbeit in der Slowakei zum Thema und wird mit einer Jugendbegegnung zwischen der Partnerkirche und der Jugendkirche LUV in Lindau eröffnet. Ein Interview mit Philipp Müller, Pfarrer der Jugendkirche LUV in Lindau.

Ein ganzes Wochenende lang stehen die Jugendlichen im Mittelpunkt und gestalten ein gemeinsames Programm. Dabei geht es um die Glaubens- und Lebensfragen junger Menschen in Europa, aber auch um Fragen nach der Kirche der Zukunft.

Der Jugendgottesdienst zur Eröffnung findet am Samstag,  24. Februar um 18 Uhr in der LUV Jugendkirche Lindau. Am Sonntag 25.2.24 feiern die Jugendlichen aus Bayern und der Slowakei gemeinsam den Vorstellunggottesdienst der Lindauer Konfirmandinnen und Konfirmanden. Beim anschließenden Empfang wird auch die Fastenaktion noch einmal vorgestellt. Philipp Müller, Pfarrer der Jugendkirche LUV in Lindau, erzählt im Interview von den Plänen.

 

Sie sind Pfarrer der Jugendkirche luv in Lindau und eröffnen heuer mit Ihrer Gemeinde die Fastenaktion. Was ist da geplant?
Wir, die haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter:innen der Jugendkirche luv freuen uns unheimlich, dass wir dieses Jahr „Gastgeberin“ der Fastenaktion sein dürfen und haben uns entsprechend auch schon einiges überlegt. Zunächst führt uns ein Aktivprogramm durch die wunderschöne Natur im Bodenseeraum. Den Eröffnungsgottesdienst feiern wir in einer „LuvOase“ – so heißt das Gottesdienstformat, welches wir in der Jugendkirche feiern. Diesen Gottesdienst wollen wir mit unseren Partner:innen aus der Slowakei gemeinsam gestalten und auch das Abendmahl miteinander feiern. Außerdem besuchen wir einen Gottesdienst, der ausschließlich von Konfirmand:innen gestaltet wird und kommen anschließend mit ihnen ins Gespräch. Schließlich wird es einen „Workshop-Nachmittag“ zum Thema „Füreinander einstehen – Was bedeutete das für uns?“ geben, zu dem wir öffentlich einladen. Er richtet sich vor allem an junge Menschen und soll gemeinsames Denken zu Themen wie „Zukunft der Kirche“ und „Wir in Europa“ ermöglichen.

Welche Erlebnisse und Erfahrungen wünschen Sie den Jugendlichen bei der Eröffnung?
Meine Kollegin Diakonin Judith Amend-Knaub und ich als hauptamtliche Mitarbeiter:innen von luv Junge Kirche nehmen uns das Thema der Fastenaktion ganz zu Herzen. Wir werden uns daher bemühen, die Rahmenbedingungen für Erlebnisse und Erfahrungen der Jugendlichen für- und miteinander zu schaffen. Bisher wissen die Gruppen relativ wenig voneinander. Das macht es natürlich besonders spannend. Welche Musikrichtung und welcher Kleidungsstil ist angesagt? Welche Ansichten und Werte sind vorhanden? Welche Frömmigkeit und Theologie schwingt mit? Welche Visionen für Kirche und Gesellschaft liegen oben auf? Die Jugendlichen haben selbst das beste Gespür für die drängenden Fragen ihrer Zeit und ein Austausch darüber, kann bestimmt eine wertvolle Erfahrung sein. Hier können wir uns als aufmerksame Moderator:innen einbringen ohne direktiv involviert zu sein. Ich würde mich sehr freuen, wenn die Jugendlichen (und auch wir „Alten“) schließlich ein Wochenende mit viel Spaß, respektvoller Begegnung und spiritueller Tiefe erleben. So können Kontakte entstehen, die über die Fastenaktion hinaus tragen und die Beziehungen unserer (christlichen) Gemeinschaften stärken. Einige von uns sind schon sehr neugierig auf einen Besuch bei unseren Partner:innen in der Slowakei.

Das Motto der Fastenaktion lautet ja "füreinander einstehen in Europa". Was bedeutet das für Sie als Pfarrer einer Jugendkirche, auch mit Blick auf Europa?
Ich glaube, das „Füreinander-Einstehen“ in Europa ist eines der drängendsten und wichtigsten Themen, mit dem sich Menschen in Deutschland und allen anderen europäischen Ländern heute auseinandersetzen sollten. Denn hier geht es um nichts weniger als die politischen Grundlagen unseres alltäglichen Lebens. Aus meiner Sicht hat die europäische Gemeinschaft in der jüngsten Vergangenheit darin enttäuscht zu zeigen, dass sie nicht nur eine Wirtschafts- sondern auch eine Wertegemeinschaft auf Grundlage der Europäischen Menschenrechtskonventionen ist. So offen die Arme für Subventionen und Fördermittel meistens sind, so verschlossen sind sie es leider manchmal auch, wenn es Schwierigkeiten füreinander abzumildern oder gar zu übernehmen gilt. Bisher ist Europa noch als Leuchtturm für Demokratie, Meinungs- und Religionsfreiheit und nachhaltige

Wirtschaftsentwicklung deutlich erkennbar. Ich befürchte aber, dass diese Strahlkraft abnehmen wird, wenn sich die Menschen in Europa weiter entsolidarisieren, in nationalistische Denkmuster zurückfallen und nicht mehr füreinander einstehen. Als Jugendpfarrer freut es mich deshalb sehr, die vielen Initiativen junger Menschen zu sehen, die sich gegen Hass uns Hetze und für ein neues „Füreinander einstehen“ in Europa und der Welt einsetzen. In der Fastenaktion der ELKB sehe ich das Potenzial, die spezifisch christliche Motivation zur Solidarität aufleuchten zu lassen. Ich wäre jedenfalls sehr glücklich, wenn das dabei gelingt.

12.02.2024
Ralph Quandt

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