Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm bei der digitalen Frühjahrstagung der Landessynode

Zahlreiche Themen - von der Situation der Jugendlichen während der Pandemie über die Menschenrechtslage in Westpapua bis hin zur Landesstellenplanung - sprach Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm in seinem traditionellen Bericht vor der Landessynode an.

Bild: elkb/mck

Bischofsbericht vor der Landeskirche

"Von allen Seiten umgibst du mich..."

In seinem Bericht vor der Synode beschäftigte sich der Landesbischof mit der Deutung der Pandemie, der Situation von Jugendlichen in der Corona-Zeit, die Lage in Westpapua und der Landesstellenplanung.

Einen Großteil seines Berichtes widmete Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm der Corona-Krise in verschiedenen Facetten. "Was macht diese Zeit mit unserer Seele?", sei die  vielleicht wichtigste Frage für die Kirche. Würde die Pandemie zu einer Entfremdung oder zu einer Stärkung des Glaubens führen?„Was die Krise mit den Menschen gemacht hat und welche Rolle der Glaube dabei gespielt hat, wird erst noch viel gründlicher untersucht werden müssen“, betonte der Landesbischof und verwies auf eine Umfrage der Universität Münster, die befand, dass religiöse Menschen in der Krise mehr beten und an Gottesdiensten teilnehmen würden.

Wo ist Gott in der Pandemie?

In Zeitschriften und auf Internetforen habe eine lebendige Diskussion über die theologische Deutung der Pandemie begonnen, die sich meist in der klassischen Spannung zwischen der Betonung von Gottes Allmacht und seiner Liebe bewegte, berichtete der Landesbischof. Für ihn selbst sei Jesus Christus der zentrale Bezugspunkt - und müsse auch Grundlage der Deutung der Pandemie sein. „Christus ... hat geheilt. Er hat an der Seite der Leidenden gestanden und selbst die tiefsten Abgründe des Leidens erfahren.“ Das bedeute aber, dass Gottes Allmacht nur von der Ohnmacht her verstanden werden könne. Gott sei „kein Knopfdrückergott“ und beende das Virus nicht, wenn wir ihn darum bitten. Aber Gott schicke seine kreative Lebensenergie in die noch unvollendete Schöpfung, gebe die Kraft, mit der Pandemie umzugehen und werde am Ende alle Tränen abwischen, so der Landesbischof. „Es ist das Vertrauen in die Wirkmacht des Heiligen Geistes, das uns in den Anfechtungen der Pandemie beten lässt. In ihm spüren wir Christus als den, der in Angst, Müdigkeit und schwindender Zuversicht an unserer Seite steht“.

Kinder und Jugendliche in Zeiten der Corona-Pandemie

Eindringlich wies der Landesbischof auf die Situation der Kinder und Jugendlichen während der Corona-Krise hin. Zurecht habe sich die Gesellschaft zunächst auf den Schutz der verletzlichen und geforderten Menschen konzentriert – ältere Menschen und Menschen in Pflegeberufen. Laut einer aktuelle Studie zeigte aber fast jedes dritte Kind in Deutschland psychische Auffälligkeiten. Allen verlange diese Zeit viel ab, so der Landesbischof. Aber ein Pandemie-Jahr im Leben eines jungen Menschen fühle sich viel länger und noch viel intensiver an, als im Leben eines älteren Menschen. „Es ist unsere Aufgabe als Erwachsene und als christliche Gemeinschaft, alles in unserer Macht Stehende zu tun, dass die notwendig gewordenen Einschränkungen des Aktionsradius und die damit verbundenen Verunsicherungen für Kinder und Jugendliche nicht zu dauerhaften inneren Schäden führen, sondern im besten Falle Kräfte wecken, die ihnen für ihr Leben wichtige Resilienzgrundlagen mitgeben.“ Bedford-Strohm wies auf die Leistungen von Kirchlicher Jugendarbeit, Diakonie und Jugendsozialarbeit an Schulen hin, die aber auch zunehmend an ihre Grenzen kämen.

Kinder und Jugendliche bräuchten auch Schutzräume außerhalb ihrer Familien und Lernräume außerhalb der Schule. Zudem würden durch die Pandemie soziale Unterschiede besonders sichtbar. Alle, besonders aber benachteiligte junge Menschen müssten die Chance erhalten, verpassten Lernstoff nachzuholen. Dazu leiste Kirche – beispielsweise mit Lerncamps im Studienzentrum Josefstal - gerne einen Beitrag.

Besonders die Gruppe der 12 – 16jährigen, die seit Monaten keine realen Begegnungsmöglichkeiten hätten, bräuchten Austausch und Aussprache jenseits der Schule. Er freue sich, dass seit dem 15. März Konfi- und Jugendarbeit wieder eingeschränkt möglich sei, betonte der Landesbischof und ermutigte die Gemeinden, dort, wo es die Inzidenzwerte zuließen, Gemeindehäuser und Jugendräume wieder umsichtig für Jugendliche zu öffnen. 

Menschenrechtslage in Westpapua

Einen weiteren Schwerpunkt seines Berichtes widmete der Landesbischof der Situation in Westpapua. Jack Urame, Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche von Papua-Neuguinea habe die bayerische Landessynode um Hilfe angesichts der Menschenrechtssituation in seiner Nachbarkirche Westpapua gebeten (Republik Indonesien). Dort würde die indigene Bevölkerung Papuas als Bürger zweiter Klasse behandelt, diskriminiert und täglicher Gewalt ausgesetzt. „Wir verurteilen die massiven und systematischen Menschenrechtsverletzungen in Westpapua/Indonesien, die mit rassistischer Diskriminierung der indigenen Papua verbunden sind, mit allem Nachdruck. Wir beten für unsere Geschwister in Papua-Neuguinea und unterstützen ausdrücklich und nach Kräften ihren Einsatz für die Gewährleistung der Menschenrechte in ihrem Land,“ so Heinrich Bedford-Strohm. Die Pandemie dürfe nicht dazu führen, die Augen vor der Situation anderer Länder und Kirchen zu verschließen, forderte der Landesbischof. Zudem dürfe der Blick in die Welt nicht auf die Pandemie reduziert werden. „Auch kontinuierlich anhaltende Menschenrechtsverletzungen verdienen unsere Aufmerksamkeit - gerade dann, wenn sie von der Weltöffentlichkeit weitgehend unbeachtet bleiben.“

Landesstellenplanung und PUK

Die ELKB stehe unmittelbar vor einer riesengroßen Aufgabe, berichtete der Landesbischof: Innerhalb von drei Jahren (2021- 2023) sei ein Haushalt mit 130 Millionen Defizit auszugleichen. Darauf sei die ELKB aber nicht unvorbereitet. Die Erfahrung mit dem Reformprozess „Profil und Konzentration“ habe es ermöglicht, „intensiv daran zu arbeiten, wo wir als Kirche eigentlich hinwollen, wo und wie wir Kirche neu bauen wollen und welche Veränderungen dazu notwendig sind. Darauf können wir jetzt aufbauen.“ Dennoch sei die Herausforderung des Umbauprozesses groß. Der Landesbischof nannte fünf Regeln, die dabei hilfreich sein könnten: sich gegenseitig ineinander hineinversetzen, den Blick auf Finazierungsquellen weiten, Chancen von Zusammenarbeit erkennen, sensible Kommunikation und Überwindung einer direkten Verkoppelung von Finanzmitteln und Wirksamkeit der Arbeit. Die Landesstellenplanung, die in dieser Synodaltagung verabschiedet werden soll, sei sei in einem Netzwerk auf allen Ebenen der Kirche diskutiert worden und z.T. in Erprobungsdekanaten entwickelt worden. Bedford-Strohm: „Ich bin gespannt auf die Beratungen dazu hier bei der Synodaltagung. Der konstruktive Geist, der schon in den bisherigen Beratungen zur Entwicklung spürbar war, wird auch jetzt tragen.“

Die Wüste blüht

Müdigkeit und Verzagtheit sowie Zuversicht und Umbauenergie - beides nehme er in der Kirche wahr, berichtete Heinrich Bedford-Strohm. Ein Satz aus Jesaja spreche für ihn besonders in diese Situation hinein: „Die Wüste und Einöde wird frohlocken, und die Steppe wird jubeln und wird blühen wie die Lilien. Sie wird blühen und jubeln in aller Lust und Freude. (…) Stärkt die müden Hände und macht fest die wankenden Knie! Sagt den verzagten Herzen: »Seid getrost, fürchtet euch nicht! Seht, da ist euer Gott!“ (Jes 35,1-3) Er sehe jetzt schon viel Blühen in wüstem Gelände. – manchmal fast nicht wahrnehmbar. „Aber eines ist sicher: da ist nichts wüst und leer. Weil Gott mit seiner schöpferischen Energie wirkt.“

Engagierte Aussprache

Lebhaft gingen die Synodalen in der Aussprache auf die Themen des Landesbischofs ein. Diakoniepräsident Michael Bammessel erinnerte daran, wie präsent Einrichtungen der Diakonie in der Zeit der Pandemie seien. Häufig seien Mitarbeitende der Diakonie physisch ansprechbar gewesen – ob in der Kirchlichen Allgemeinen Sozialarbeit (KASA), in den Anker-Zentren oder in der Arbeitslosenberatung. Zahlreiche Synodalen äußerten ihre Sorge um den seelischen Zustand der jungen Menschen und berichteten von eigenen Erfahrungen in Schule und Jugendarbeit. „Alarmierend“ nannte der Vorsitzende des Ausschusses Bildung, Erziehung, Jugend (BEJ), Michael Renner, die Situation. „Denn wenn die Kinder und Jugendlichen leiden, leiden die Familien mit.“

22.03.2021
Anne Lüters

Mehr zum Thema

weitere Informationen zum Artikel als Downloads oder Links