Mann am Gipfel im Schnee nachdenklich

Der Jahreswechsel ist eine Chance zum Innehalten und zur Rückschau.

Bild: unsplash / Enrique Fernandez

Altjahresabend

"Ich lass dich nicht allein"

Unterwegs in stürmischen Zeiten, unterwegs in gesellschaftlicher, medizinischer und wirtschaftlicher Wüste – Gott ist da: Nachlese der Predigten am Altjahresabend.

Unterwegs sein – das sei eine grundlegende menschliche und vor allem auch biblische Erfahrung. Regionalbischöfin Gisela Bornowski führte das am Predigttext aus dem 2. Buch Mose  aus, der Wüstenwanderung des Volkes Israel. „Wenn mich die Geschichte des Volkes Israel eins lehrt, dann das: Gott führt uns nicht um Wüsten herum“, erläuterte Bornowski in ihrer Predigt am Altjahresabend in Obersulzbach. Mit Gott unterwegs sein heißt nicht, nur auf leichten Wegen zu gehen. Wüstenzeiten gehören dazu. Aber Gott begleitet uns in der Wüste. Er führt uns hindurch.“ Er führte uns auch durch das Jahr 2020, „mit diesem Corona! Eine gesellschaftliche, medizinische und wirtschaftliche Wüste, deren Ausmaß sich am Anfang des Jahres noch keiner vorstellen konnte.“

Auf der Wanderung helfe es, die Blickrichtung zu wechseln, nicht zurück sondern nach vorne zu schauen, denn Gott sei uns immer einen Schritt voraus, so die Regionalbischöfin weiter: „Wenn Gott vor mir hergeht, in Zeichen, die sich oft erst im Nachhinein mit Bedeutung füllen, dann heißt das ja auch: Gott ist schon da, wenn ich ins neue Jahr gehe. Er ist schon da in allem, was auf mich zukommt, was mir auch Angst macht. Er lädt mich ein, ihm nachzugehen.“

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Wer eine solche Wüste durchquere, der brauche Zeichen, „dass Gott da ist“. Bornowski: „Zeichen, die uns Tag und Nacht begleiten. An die wir uns halten können.“ Das könnten liebe Menschen sein, Mut machende Erfahrungen, Bewahrung in schwerer Zeit, die Fürbitte eines anderen. Christen hätten ein besonderes Zeichen, das stärke und ermutige: Das Kreuz. „Es ist das Kreuz – das christliche Zeichen dafür, dass Gott uns Menschen ganz nahe ist – im Leben und im Sterben und in der Ewigkeit.“

Gisela Bornowski schloss mit dem Wunsch und der Zusage für das neue Jahr 2021: „Und wenn wir heute Nacht das alte Jahr hinter uns lassen und hinübergehen in das unbekannte Land 2021, wird Gott uns auch dort auf geheimnisvolle Weise führen und leiten und immer wieder Zeichen seiner Nähe schenken.“

Nitsche: Wir sind alle im selben Boot und haben unseren Anteil daran, dass es nicht kentert."

Bild: Wikimedia Commons

Rembrandt Die Sturm auf dem See Genezareth

Im Evangelium "Stillung des Sturms" nach Markus und im Gemälde von Rembrandt van Rjin spiegelten sich die Erfahrungen dieses Jahres 2020 wie in einem Brennglas, so Regionalbischof Stefan Ark Nitsche in seiner Predigt am Altjahresabend in St. Lorenz in Nürnberg: "Dieses Jahr mit all seinen Herausforderungen, seiner Angst und seiner Hoffnung, seinen Entmutigungen, Panikattacken, Aufflackern von Zuversicht und erneuten Enttäuschungen, seinem Kräfteverzehr genauso wie mit dem großartigen und respekteinflößenden Einsatz so vieler, damit das Boot der Gesellschaft nicht doch noch kentert.“

Das Bild des Jahres haben für Nitsche der Evangelist Markus und Rembrandt, der Maler, gefunden: "Wir sitzen alle in einem Boot, mitten in Gegenwind und Sturm. Und mitten unter uns einer, der die Herrschaft der lähmenden Angst zerbricht. Er steht nicht am Steuer, er hat auch keine sturmerprobten Fachkenntnisse in dieser speziellen Situation. Er kennt aber die Macht der drei V´s und er verkörpert sie selbst. Auch meine eigene Erfahrung erzählt mir davon: Diese drei ‚V´s‘ ergeben im Zusammenspiel eine stabile Basis für ein Leben in den Stürmen der Zeit. Die Macht des Versprechens „Du bist nicht allein. Ich lass dich nicht allein!“ und die Macht des Verzeihens „Und wenn du denkst, du hast es verspielt, du bist es nicht mehr wert, dann gilt doch: Versöhnung ist stärker als Schuld!“ sind ein guter Grund für ein tragfähiges Vertrauen. Und der Mann im Boot mit uns fängt an damit: Er vertraut sich uns an. Er traut uns was zu! Gott vertraut sich uns an. Gott traut mir was zu. Nitsche: "Wir sind alle im selben Boot und haben unseren Anteil daran, dass es nicht kentert - und der Sohn Gottes traut es uns zu und ist mitten unter uns an Bord. Auch auf der Fahrt hinüber ans Ufer des neuen Jahres.“

Nichts kann uns scheiden von der Liebe Gottes

In der Augsburger St. Ulrich-Kirche feierte Regionalbischof Axel Piper in diesem Jahr den Jahresabschlussgottesdienst. Mit dem Vers aus Römer 8,38 machte Regionalbischof Axel Piper Mut: “Denn ich bin gewiss, dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Hohes noch Tiefes noch irgendeine andere Kreatur uns scheiden kann von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserm Herrn.“ So wie die Christen in der Zeit des Paulus Entbehrung, Mutlosigkeit, Hunger, Gewalt und die Furcht um das Leben erlitten, so haben auch wir ein besonderes Jahr mit dieser gefährlichen Epidemie erlebt. Die Inhalte der Ängste seien andere geworden seit der Zeit des Paulus, aber die Angst sei geblieben.

“Vielleicht ist es das, was jeder von uns, unser Land und unsere Kirche jetzt besonders brauchen, wieder Optimismus, Aufbruchstimmung, Gottvertrauen statt der vielen Wenn-und-Aber und Ich-weiß-nicht.” Was Paulus schreibe habe kosmische Weite, Gottes Liebe gehe weit über unsere Erfahrungen und unser Leben hinaus. Paulus sehe uns eingebunden in ein Ganzes, das uns umfasst. “Nichts kann uns von der Liebe Gottes scheiden, aus dieser Liebe können wir nicht herausfallen”, verstärkte Piper. “Lassen wir mit dieser Gewissheit das Jahr 2020 los, nehmen wir mit was gelungen ist, das Lachen, die Heiterkeit, die Erfolge, die Freude über Geschenktes – und die dunklen Stunden, das Misslungenes legen wir zurück in Gottes Hand. Was für das Jahr 2021 sicher ist:  Gottes Liebe ist mit uns verbunden, diese Liebe begleitet uns, den nichts kann uns scheiden von der Liebe Gottes.”
Hier können Sie die Predigt von Regionalbischof Axel Piper nachhören

01.01.2021
ELKB

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