Pressemitteilung vom 10.07.2025
Auswertung der Covid-19-Pandemie ist dringend notwendig
Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern (ELKB) begrüßt die Initiative der Bundesregierung mit einer Enquete-Kommission die Wirkungen und Nachwirkungen der Covid-19-Pandemie genau zu untersuchen. Aus Sicht der ELKB hat die Pandemie zahlreiche Nachwirkungen in der Gesellschaft und bei Einzelnen.
Landesbischof Christian Kopp betont den sehr engagierten Einsatz von Ehren- und Hauptamtlichen in der kirchlichen Arbeit während der Pandemie. Die Virusgefahr hat alle Menschen weltweit vor riesengroße Herausforderungen gestellt. Es gab in der gesamten Bevölkerung eine große Angst vor Ansteckung und eine enorme Unsicherheit. In sehr kurzer Zeit haben die Mitarbeitenden der Kirche kreativ und hilfreich versucht, die Mitglieder der Kirche bestmöglich zu unterstützen. Die Ideen waren vielfältig, von Telefonanrufen über die während der gesamten Pandemie geöffneten Kirchen, für das persönliche Gebet oder die intensive seelsorgerliche Begleitung an vielen Orten.
Landesbischof Kopp weist seit langem auf die Lernpunkte für eine nächste ähnliche katastrophale Pandemie hin: Die Frage der Zulassung zu Gottesdiensten nach bestimmten Impferfordernissen. Die unbedingte Konzentration auf die bestmögliche Betreuung der Kinder und Jugendlichen – Schulschließungen sollten etwa unbedingt vermieden werden - und den von Anfang an ungehinderten seelsorgerlichen Zugang zu Seniorenheimen oder Betreuungseinrichtungen für Menschen mit Behinderung.
Ein aus Sicht der Kirche zentraler Punkt ist auch die Schaffung von Dialogräumen mit all den Menschen, für die die Einschränkungen in der Pandemie Grundrechte verletzt haben und die sich dadurch von Staat und auch ihrer Kirche entfernt haben. Für Kopp ist es zentral wichtig, gerade mit diesen Menschen im Dialog zu bleiben. Aus diesem Grund hat die ELKB im Frühjahr 2025 eine Umfrage zur COVID-19-Pandemie durchgeführt, deren Ergebnisse jetzt vorliegen. Die vom Institut für Praxisforschung und Evaluation der Evangelischen Hochschule Nürnberg durchgeführte Studie zeigt, dass viele Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen und Kirchenmitglieder klare Erwartungen und konkrete Anregungen für das zukünftige kirchliche Handeln in Krisenzeiten formulieren. Die Auswertung der Pandemie durch die ELKB wird von vielen als wichtiger Schritt begrüßt und als Zeichen der Bereitschaft zur Selbstreflexion und zum Dialog gewertet.
Die Befragten wünschen sich für eine nächste Pandemie vor allem eine stärkere seelsorgerliche Präsenz, insbesondere in Situationen von Krankheit, Alter, Tod und Trauer sowie eine bewusste Zuwendung zu den seelischen Bedürfnissen von Kindern und Jugendlichen. Einen einheitlichen Krisenstab, der Informationen bündelt, sowie eine moderne digitale Ausstattung und Schulung für kirchliche Mitarbeitende werden als Voraussetzung für wirksames Handeln benannt. Zudem sollen kreative digitale und analoge Formate weiterentwickelt und dauerhaft etabliert werden.
Gefordert wird auch eine theologische Auseinandersetzung mit neuen Herausforderungen, etwa in Fragen digitaler Gemeinschaft der Gläubigen und Abendmahlspraxis mit Einzelkelchen.
Darüber hinaus äußern viele Befragte den Wunsch nach einem offenen Austausch über unterschiedliche Positionen – sowohl innerhalb der Kirche als auch mit der Gesellschaft. Die Kirche soll Räume für Dialog schaffen, Polarisierung entgegenwirken und das gemeinschaftliche Miteinander bewusst stärken. Dabei wird ihr eine besondere Verantwortung zugeschrieben, gesellschaftliche Entwicklungen kritisch zu begleiten, statt sich vorschnell anzupassen. Erwartet wird eine klare Orientierung an den Bedürfnissen vulnerabler Gruppen sowie eine Kultur der Versöhnung, der Fehlerbenennung und der Kommunikation mit Augenmaß. Der Dreiklang „Hören – Hinterfragen – Handeln“ wird dabei als zentrale kirchliche Haltung in Krisenzeiten verstanden.
Die Beteiligung an der Umfrage war anonym über ein Internetformular möglich oder auch durch eine E-Mail an das Büro des Landesbischofs. Die Beteiligung mit 333 anonymen Zuschriften ist aus Sicht des Instituts eine, sehr starke Beteiligung. Durch die offene Fragestellung werden allerdings, so das Institut, auch besonders kritische Stimmen abgegeben. Die Rückmeldungen fallen kritisch aus – etwa in Bezug auf wahrgenommene Sprachlosigkeit in der Seelsorge, fehlende theologische Deutung oder als einseitig empfundene Impfappelle. Die Antworten zeigen aber eine emotionale Beteiligung und das ernsthafte Interesse, kirchliches Leben und Handeln konstruktiv weiterzuentwickeln. Besonders positiv werden die Digitalisierung kirchlicher Arbeitsprozesse bewertet, sowie flexible Home-Office-Regelungen und neue hybride Formen von Gottesdiensten und Gemeindeangeboten. Sie gelten als familienfreundlich, alltagstauglich und zukunftsweisend. Die Ergebnisse machen deutlich: Die Pandemie hat Spuren hinterlassen, aber auch Potenziale freigesetzt. Die ELKB versteht diese Rückmeldungen als Auftrag, Prozesse kritisch zu reflektieren und Wege für eine glaubwürdige, in der Seelsorge präsente und theologisch fundierte Kirche für den Fall einer zukünftigen Pandemie zu entwickeln.
10.07.2025
München, Christine Büttner, Pressesprecherin