Erntedankaltar im Freien

Auch wenn die Ernte in diesem Jahr nicht ausgefallen ist wie gewünscht - es gibt viel zu danken, schreibt Oberkirchenrat Stefan Blumtritt in seinem Wort zum Erntedankfest.

Bild: Birgit Arndt/fundus

Wort zum Erntedankfest 2022

Dankbar für Gottes Begleitung

2022 falle ihm beim Blick auf die Ernte das Danken etwas schwer, meint Oberkirchenrat Stefan Blumtritt in seinem Wort zum Erntedankfest. Und doch: Es gibt genug, wofür er danken kann.

Das war ein Sommer; mehr als ich mir gewünscht habe. Gurken waren ganz ok, Zucchini eher mau. Gelbe Rüben und ihre bunten Anverwandten haben sich ab zehn Zentimeter Hochbeettiefe mit der Pfahlwurzel selbst erwürgt, denn das Erdreich war zu trocken und zu hart. Rote Beete wuchsen in Kindskopfgröße heran und Kohlrabi war nur mal kurz im Frühsommer zu ernten. Dafür waren reichlich Kannen mit Regenwasser zu schleppen und es gab Glücksmomente durch gelegentliche Schauer.

Die Bilder für den Erntedanktag aus dem Land nördlich unseres Gartens sehen anders aus wie Südfrankreich oder Süditalien im Spätsommer: braun, vertrocknet, aufgerissene Böden. Und das im grünen und waldreichen Bayern! Daran müssen und sollen wir uns gewöhnen, sagen die Klimaforscher. In zehn Jahren wird der Sommer 2022 ein „normaler“ Sommer sein. Wir haben schon mal angefangen und pflanzen nur noch trockenresistente Gräser und Sedum - auch schön, wenn sie denn groß werden.

Leben und denken und umsteuern

Mit Dankbarkeit wird es heuer schwer, zum Erntedank. Obwohl: Ich lebe, kann mir noch Sorgen machen und Pläne schmieden, was ist, wenn es nicht regnet, wenn die nächste Coronawelle kommt, wenn unser so selbstverständlicher Frieden bedroht bleibt, wenn die Energie knapp wird. Ich lebe und kann denken und handeln - allein dafür bin ich schon dankbar. Vielleicht nicht im Rahmen der Möglichkeiten, die ich gewohnt war und so gerne zurück hätte, aber jetzt dann halt anders.

Bei aller Bequemlichkeit im geliebten Wohlstand: Gott gab uns Atem, damit wir leben - und denken und umsteuern. Er schenkt uns die Befähigung dazu, dass wir Wohlstand und Sicherheit erarbeiten können, mit Ideen, Energie und Zuversicht auf das reagieren können, mit dem niemand rechnen und auch nicht auf die Mahnerinnen und Mahner hören wollte.

Nie allein gelassen

Zuversicht und Hoffnung schöpfe ich unter dem Eindruck aller naher oder drohender Krisen daraus, dass ich nie das Gefühl habe, allein gelassen zu sein. Ich weiß - und vielmehr noch ich glaube, dass Gott es gut mit seiner Schöpfung und damit mit uns meint. In allen biblischen Erzählungen, die ich gerne als Teil meines Lebens pflege und lebendig erhalte, wird das deutlich: Gott ist Schöpfer, Retter, Bewahrer, Lebensspender, Ideengeber, Energiequelle und noch vieles mehr, was ich vielleicht noch gar nicht erkannt habe.

Dafür bin ich dankbar, besonders auch an diesem Tag. Und jetzt gehe ich in den Garten und plane das Hochbeet neu, damit es nächstes Jahr weniger Wasser braucht. Weil ich eine Idee habe und es kann. Gott sei Dank.

26.09.2022
Stefan Blumtritt