Sonnenuntergang Berge

Bammessel: "An Himmelfahrt feiern Christinnen und Christen die Verleihung der höchsten Auszeichnung, die je ein Mensch bekommen hat: das Privileg, an der rechten Seite Gottes zu sitzen."

Bild: pixabay/kareni

Geistliches Wort

"Was ist wahre Größe?"

Auszeichnungen, Ehrungen, Ruhm, der beste Platz? In seinem geistlichen Wort zu Christi Himmelfahrt denkt der frühere Diakoniepräsident Michael Bammessel über Maßstäbe für Größe nach.

Was ist eigentlich der Maßstab für wahre Größe? Einige wenige Herrscher wurden von der Geschichtsschreibung mit dem Beinamen „der Große“ ausgezeichnet: zum Beispiel Alexander der Große aus der griechischen Antike, Karl der Große aus dem Reich der Franken, Friedrich der Große aus Preußen oder - als einzige Frau - Katharina die Große aus Russland. Auffällig dabei: Sie begründeten ihren Ruhm durchweg auch durch militärische Eroberungen. Ob es solche Vorbilder sind, die den amtierenden russischen Präsidenten dazu verlockten, sein Nachbarland mit einem Angriffskrieg zu überziehen? Will er vielleicht als „Putin der Große“ in die Geschichte eingehen?

Auch wenn es wenigen bewusst ist: Das Himmelfahrtsfest ist das genaue Gegenprogramm zu Ehrungen dieser Art. Das wird erkennbar, wenn man die biblische Symbolsprache entschlüsselt. An Himmelfahrt feiern Christinnen und Christen die Verleihung der höchsten Auszeichnung, die je ein Mensch bekommen hat: das Privileg, an der rechten Seite Gottes zu sitzen. Auf diesem ehrenvollsten Platz darf nun der sitzen, der seine Feinde nicht bekämpft, sondern für sie um Vergebung gebeten hat: Jesus aus Nazareth.

Noch heute gilt der rechte Platz als Ehrenplatz. Der Bräutigam ehrt die Braut, indem er sie bei der Trauung rechts sitzen lässt. Bei einem Festbankett einer Königin oder eines Staatspräsidenten wird dem wichtigsten Gast der rechte Platz angeboten. Erst recht galt dies in biblischen Zeiten. In der christlichen Bildsprache heißt es von Jesus Christus: „Er sitzt zur Rechten Gottes“. Für die üblichen Maßstäbe, wer wichtig ist in dieser Welt, war und ist das eine Provokation.

Denn Jesus hatte zu Lebzeiten alle Versuche abgewiesen, ihn zum König auszurufen. Stattdessen bezeichnete er sich als Diener der Menschen und lebte auch so. Er kümmerte sich um Hilfsbedürftige aller Art. In letzter Konsequenz gab er sogar sein Leben für die Menschen. Seine Größe bestand also darin, dass er selbst die tiefste Erniedrigung auf sich nahm, um den Menschen zu helfen. Dieser Diener der Menschen hat die höchste Auszeichnung bekommen, die es gibt. Das ist die Botschaft von Christi Himmelfahrt. Und der Maßstab für das, was wahre Größe ist.

Michael Bammessel, Bild: © ELKB / PÖP

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Michael Bammessel

Michael Bammessel war bis 31. März Präsident des Diakonischen Werks Bayern.

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26.05.2022
epd/Bammessel