Kloster Heidenheim

Kloster Heidenheim war Keimzelle der Christianisierung in Franken.

Bild: Kloster Heidenheim

Kloster Heidenheim

"Jetzt muss Leben einziehen"

Das Kloster Heidenheim soll ein Leuchtturmprojekt für die Zusammenarbeit von Staat und Kirche sein. Nach mehr als zwei Jahren Bauzeit wird das ökumenisch ausgerichtete Zentrum offiziell eröffnet.

Die Luft ist noch feucht, man riecht die frische Farbe und das viele Holz. Dumpf hallt das hektische Rattern einer Stichsäge aus dem ersten Stock ins Erdgeschoss. Dort steht Klaus Kuhn im hellerleuchteten zukünftigen Klosterladen und schaut zufrieden. Gut zwei Jahre Bauzeit liegen hinter dem evangelischen Dekan - und in ein paar Tagen muss alles fertig sein. Am Samstag, 9. März, wird das umgebaute und sanierte Kloster Heidenheim offiziell wiedereröffnet. Aus dem jahrhundertelang als Amtsgebäude genutzten Kloster ist nun ein ökumenisch ausgerichtetes Zentrum geworden. "Der Umbau war der Anfang. Jetzt muss Leben einziehen", sagt Kuhn.

Von Heidenheim aus wurde Süddeutschland christianisiert, um das Jahr 1200 sendete es abermals bedeutende zivilisatorische Impulse, als dort Reformmönche wirkten. Ein wichtiger Bestandteil des ökumenisch ausgerichteten Zentrums im sanierten Westflügel des früheren Kloster Heidenheims ist das Museum. In vorerst zwei unterschiedlich gestalteten Räumen werden die Themen Ökumene und Vielfalt des christlichen Glaubens präsentiert, sagt Dekan Kuhn. Begrüßt werden die Gäste von einer Pilgerfigur in Bronze - denn Heidenheim liegt an einem alten Jakobsweg. "Und außerdem haben alle Weltreligionen Berührungspunkte zum Pilgern." Im ersten, ganz in Weiß gehaltenen Raum stehen die Namen weltbekannter Theologen in großen Buchstaben an der Wand, darunter jeweils eine Zitate-Sammlung.

Der zweite Museumsraum wird fast ganz verspiegelt. In neun Vitrinen werden Exponate gezeigt, die exemplarisch für den christlichen Glauben stehen, sagt der Dekan: ein Kreuz, ein siebenarmiger Bronze-Leuchter, eine Luther-Rose, ein Playmobil-Luther, katholische sowie evangelische Rosenkränze - und die älteste erhaltene Heidenheimer Bibel. Außerdem wird im Museum die Baugeschichte des 752 von den angelsächsischen Missionaren Wunibald und Walburga gegründeten Klosters zumindest in Ansätzen dargestellt. So wurde etwa ein Wassergraben freigelegt, der durch die Klosterküche geführt hat, dem heutigen Museumsraum.
 

Im Erdgeschoss befinden sich zudem noch die Touristeninformation und der Klosterladen - neben Büchern und CDs sollen dort vor allen Dingen regionale Produkte wie Hochprozentiges, eigenes Kloster-Bier oder auch Seifen aus Schafmilch verkauft werden. Auch ein Teil des romanischen Kreuzgangs wurde bei der Sanierung des Westflügels restauriert. "Das war gar nicht so einfach", erzählt Kuhn. Um die Klosteranlage als Amts- und Wohnhaus zu nutzen, wurde im ehemaligen Kreuzgang einfach ein Treppenhaus eingezogen, ohne Rücksicht auf die Architektur - also zum Beispiel auch unmittelbar vor die romanischen Kreuzgang-Bögen.

Im Obergeschoss des Westflügels sind im ersten Bauabschnitt, der am Ende um die 5,4 Millionen Euro gekostet haben wird, Räume zum Tagen, für Veranstaltungen und die Verwaltung untergebracht. Noch werden die letzten Weißtannendielen auf Maß gesägt, verschraubt, geschliffen und geölt. Mittendrin steht wieder Klaus Kuhn und staunt. Der 57 Jahre alte Theologe bekleidet seit Oktober 2003 mit seiner Frau das Amt des Dekans. Kurz nach ihrer Ankunft ploppte das Thema Kloster zum ersten Mal auf - als der Freistaat die Klosteranlage übers Internet kurzerhand an den Höchstbietenden zum Verkauf ausgeschrieben hatte.

"Natürlich gehört es nicht zu den Kernaufgaben eines Dekans, sich um Regional- und Strukturentwicklung zu kümmern", sagt Kuhn heute. Aber irgendwie war das Thema von Anfang an auch ein seelsorgerliches. Die Hahnenkamm-Kaserne war in der strukturschwachen Region bis zu ihrer Schließung 2003 der wichtigste Arbeitgeber und auch ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. Viele Leute standen damals wirtschaftlich wirklich mit dem Rücken zur Wand - und gleichzeitig dämmerte die Klosteranlage in einer Art Dornröschenschlaf vor sich hin. Was man aus dem Kloster alles machen kann, war Kuhn schnell klar - also legte er sich ins Zeug.

Das hat dem evangelischen Dekan nicht nur Freunde beschert. Denn seine Pläne fürs Kloster waren in und um Heidenheim nie unumstritten. Fast schon verbissen kämpften einige Ortsansässige gegen die Pläne - dabei verfehlte der ein oder andere schon mal den richtigen Ton. "Mir ging es nie darum, dass das meine Idee war, sondern um die Sache", sagt Kuhn. Ein Bürgerentscheid der Klosterumbau-Gegner im Mai 2015 scheiterte krachend, danach verstummte die Kritik relativ schnell. "Die größten Kritiker waren die ersten, die in den vergangenen Jahren neue Übernachtungszimmer für Pilger eingerichtet haben", erzählt Kuhn.

Das war überhaupt von Anfang an Kuhns Hoffnung: dass durch die öffentlichen Investitionen durch den Freistaat, die Kirche und Gelder aus verschiedenen Fördertöpfen auch private Investoren auf den Plan treten. Inzwischen haben nicht nur viele weitere Anwohner Pilgerzimmer eingerichtet - am 6. Januar habe eine Klosterschänke eröffnet, deren Besitzer als privater Financier auch ein Gasthaus mit 27 Betten schaffen und anschließend von einem Tochterunternehmen des Zweckverbands betreiben lassen will. Am Marktplatz soll außerdem bald ein neues Café eröffnen, ein anderes werde gerade "pilgerfreundlich" umgebaut.

Auf das Eröffnungswochenende freut sich Dekan Kuhn, auch wenn das Datum für die Fertigstellung der noch ausstehenden Arbeiten "ziemlich ambitioniert" war und ist. "Aber ohne so ein Datum geht es nicht", sagt er. Am Samstag, 9. März, starten die Feierlichkeiten um 14 Uhr mit einem Festgottesdienst im Münster St. Wunibald mit der Ansbach-Würzburger Regionalbischöfin Gisela Bornowski und Eichstätts katholischem Bischof Gregor Maria Hanke. Zum Festakt hat sich auch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) abgekündigt. Am 10. März findet ein "Tag der offenen Tür" für all jene statt, die das gemeinsame "Leuchtturmprojekt" von Staat und Kirche erstmals in Augenschein nehmen wollen.

Kuhns Strategie für die nächsten Monate ist wortgetreu der Slogan des Klosters: "Neues Leben in alten Mauern." Wenn das neue umfangreiche Bildungsprogramm angenommen, das Museum gut besucht, der Verkauf im Klosterladen kostendeckend wird, "dann kann man besser über einen zweiten Bauabschnitt nachdenken". Die Sanierung von Nord- und Ostflügel samt Kreuzgang des kirchengeschichtlich bedeutenden Klosters würde nochmals um die fünf Millionen Euro kosten.

Für den laufenden Betrieb wird es bis auf einen von der Marktgemeinde finanzierten Midijob für die Touristinfo keine Zuschüsse geben, es muss sich also alles selbst tragen. "Die Heidenheimer beobachten sehr genau, wie sich das entwickelt ", erläutert Kuhn: "Aber seit das Gerüst weg ist und man die frisch renovierte Klosterfassade sieht, sind alle begeistert. Man sieht jetzt, wie schön es wird."

06.03.2019
epd/Daniel Staffen-Quandt