Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm spricht in einer Videobotschaft zur Landessynode.

Der Krieg in der Ukraine und die Zukunft der Kirche waren zwei der Theman, die Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm in seinem Videobericht vor der Landessynode ansprach.

Bild: mck

Bischofsbericht auf der Landessynode

"Herr, wohin sollen wir gehen?"

Die Situation in der Ukraine, die Zukunft der Kirche und der Umgang mit sexualisierter Gewalt innerhalb der Landeskirche waren Themen des traditionellen Bischofsberichts auf der Frühjahrstagung der Landessynode.

„Herr wohin sollen wir gehen?“ hatte Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm seinen Bericht überschrieben, der aufgrund von Krankheit per Video eingespielt wurde.

Zwischen Kriegsmeldungen und Pandemie

Die schockierenden Nachrichten aus der Ukraine hätten scheinbar alles andere an den Rand gedrängt, eröffnete der Landesbischof seinen Bericht. Es falle schwer, an irgendetwas anderes zu denken. Die Anteilnahme an dem schrecklichen Leid der Menschen in der Ukraine und die Angst vor der Ausbreitung des Krieges bis zur Möglichkeit eines Dritten Weltkrieges, habe sich bei vielen „wie eine dunkle Wolke aufs Gemüt gelegt.“ Dabei sei auch die Pandemie noch nicht zu Ende: Schulen, die mitten in der Pandemiebewältigung seien, kümmerten sich nun um die Aufnahmen ukrainischer Flüchtlingskinder. Und in Klinik-und Altenheimseelsorge komme es immer noch zu „unerträglichen Beschränkungen der seelsorgerlichen Arbeit“. So habe er kürzlich von einer Klinikseelsorgerin gehört, dass eine schwerkranke Frau weder von ihr, noch von deren Ehemann besucht werden dürfe. „Egal mit welchem Test, egal für wie wenige Minuten. Beide leiden darunter sehr.“ Dafür habe er kein Verständnis, so der Landesbischof: „Ich appelliere dringend an alle Verantwortlichen solche menschlich nicht hinnehmbaren Situationen zu beenden!“

Gott im Leiden

Die Bilder der Menschen in der Ukraine seien für ihn moderne Kreuzigungsbilder so der Landesbischof. Ohne den Glauben wären sie kaum auszuhalten.

„Gott ist mitten drin in diesem Krieg. Aber er drückt ganz bestimmt keine Bombenknöpfe. Sondern er sitzt mit den verzweifelten Menschen in den U-Bahn-Schächten von Kiew. Er ist da unter den Trümmern des Theaters von Mariupol, wo das Leben verlischt. Er ist zu hören im Lauten Klagen der Menschen, die in Charkiw vor den zerbombten Ruinen ihrer Wohnblöcke stehen. Gott ist bei ihnen als Quelle von Kraft und Trost.“ Der Tod habe nicht das letzte Wort, sagte Bedford-Strohm. Für ihn sei das Licht der Auferstehung sichtbar in der Unbeugsamkeit der Menschen in der Ukraine und in den Menschen, die weltweit, auch in Russland, für den Frieden demonstrierten. „Und vor allem in der unglaublichen Hilfsbereitschaft so vieler Menschen an so vielen Orten.“ Der Bischof nannte die Gemeinde Lauf, die plane, mit Spenden ein Café anzumieten und dort warmes Essen anzubieten, und die Gemeinde Wiesenbronn, die in einem Haus der Evangelischen Landjugend mit hohem ehrenamtlichen Engagement Unterkünfte für 20 Geflüchtete hergerichtet habe. Solch ein ehrenamtliches Engagement sei ein großes Hoffnungszeichen.

Die Zukunft der Kirche

In einem weiteren Teil seines Berichtes beschäftigte sich der Landesbischof mit der Zukunft der Kirche. Dabei stellte er den Auftrag Jesu an seine Jünger, „Salz der Erde“ und „Licht der Welt“ zu sein, in den Vordergrund. Kirche dürfe sich dabei weder als Gegenüber der Gesellschaft definieren, noch sich ganz an sie anpassen. Sie müsse mit dem Wirken des Heiligen Geists rechnen, der Neues hervorbringt. Dies sei ein Ergebnis kreativer Prozesse und dafür müsse es Räume geben. Deswegen sei ein Ergebnis des Reformprozesses „Profil und Konzentration“, dass deutlich weniger zentral vorgegeben werde, sondern Räume eröffnet würden. Auch Bündnisse mit der Zivilgesellschaft gehörten zur Existenz der Kirche. Dabei dürfe sie aber nicht in der Ethik aufgehen. „Ihr Charakteristikum ist vielmehr, dass sie authentische Frömmigkeit als Zukunftsmodell entdeckt. Öffentliche Theologie heißt nicht nur Orientierung in sozialethischen Fragen, sondern auch Orientierungshilfe für den Umgang mit Schuld und Vergebung, Tod und Sterben, dem Streben nach Glück und der Erfahrung der Kontingenz. Öffentliche Orientierung entfaltet gerade darin ihre Kraft, dass sie geistlich gegründet ist.“ Daraus entwickelte Heinrich Bedford-Strohm ein Bild der Kirche 2035, in der selbstverständlich die Grundaufgaben des Reformprozesses gelebt würden.

Heinrich Bedford-Strohm: ein BIld der Kirche 2035

Sexualisierte Gewalt

Der Landesbischof berichtete von einer Begegnung von Mitgliedern des Landeskirchenrats mit Menschen, die sexualisierte Gewalt im Raum von Diakonie und Kirche erfahren haben. Die Begegnung mit Betroffenen habe ihn sehr berührt und fassungslos gemacht, so Bedford-Strohm. Betroffene, die ihr Schweigen gebrochen hätten, müssten sich oft dafür rechtfertigen und gälten als Nestbeschmutzerinnen.

„Gerade, weil Täter im kirchlichen Bereich Respektspersonen sind, vielleicht auch beliebt sind, trauen sich Betroffene nicht, ihnen etwas entgegenzusetzen oder sie anzuzeigen.“ Eine Fassungslosigkeit angesichts solcher Berichte müsse dazu führen, „dass wir bei den entsprechenden Maßnahmen dagegen kontinuierlich dazulernen.“ Er habe sich bei manchen Berichten „richtiggehend dafür geschämt“, dass sie die Betroffenen nicht besser schützen konnten. Kirchliche Maßnahmen müssten so weiterentwickelt und nachgeschärft werden, „dass Missbrauch in Kirche und Diakonie so weit wie irgend möglich verhindert werden kann“.

28.03.2022
ELKB

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