Landesbischof Christian Kopp bei seinem Bericht auf der Landessynode

Die Zukunft der Kirche, der Umgang mit den Ergebnissen der ForuM-Studie, die Europawahl und die Aufarbeitung der Pandemie waren Themen des Berichts des Landesbischofs vor der Landessynode.

Bild: elkb/mck

Bischofsbericht auf der Landessynode

Kirche in unruhiger Zeit

Die Landeskirche der Zukunft wird  schlanker, leichter, schneller und wirksamer. Das hat Landesbischof Christian Kopp in seinem Bericht auf der Frühjahrstagung der Landessynode im oberfränkischen Coburg vorausgesagt.

Er erlebe die Landeskirche an vielen Orten unter Hochlast, so Kopp, denn sie stehe mitten in den Dilemmata gesellschaftlicher Entwicklung und verändere sich in einem „unfassbaren Tempo“. Dennoch wünsche er sich die Kirche als „Anders-Raum“: einen Ort, an dem nicht auf der Welle der Empörung mitgeschwommen werde, sondern an dem zugehört und das Handeln in größere Zusammenhänge eingeordnet werde.  Kirche solle Glauben und Hoffnung säen, betonte der Landesbischof und forderte Qualität in allen Vollzügen der Kirche. Engagierte Konfi-Arbeit und unkonventionelle Projekte zeigten: „Kirche steht für Kreativität und Ermöglichung“.

„Es braucht eine Kultur der Einfachheit“.

Für die nachkommenden Generationen forderte Kopp erhöhte Aufmerksamkeit. Ausdrücklich begrüßte er das Klimaschutzgesetz, das auf der Frühjahrstagung beschlossen werden soll. „Es ist gut, dass wir heute mit vielen anderen wichtige Weichenstellungen für die Zukunft der Erde Gottes entschlossen handeln.“ Der Landesbischof machte aber auch deutlich, dass das nicht ohne Einschränkungen zu haben sei: „Wir werden mit etwas weniger in die Zukunft gehen müssen. Wir müssen reduzieren, um den Sinn für das Wesentliche zu schärfen. Es braucht eine Kultur der Einfachheit.“

Lernen aus der Pandemie

Eine Aufarbeitung der Covid-Pandemie kündigte der Landesbischof für den Bereich der bayerischen Landeskirche an. Gerade junge Menschen hätten in der Pandemie unter dem Gefühl „allein und verloren zu sein“ besonders gelitten. Es gebe einen „enormen Bedarf“, im geschützten Rahmen über die multiple Belastung zu reden. „Wurden die Interessen und Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen ausreichend gehört, gab es genug Beteiligung?“ Kirche und Diakonie hätten in der Pandemie viel Gutes bewirkt. „Und trotzdem müssen wir uns anschauen, wo wir übervorsichtig, überreguliert, überbürokratisiert vorgegangen sind. Sicher konnte das bei Pandemiebeginn niemand genau wissen. Aber die Folgen schmerzen dennoch. Wo waren wir näher an politischen Vorgaben als an den Menschen interessiert?“ Eine gründliche Aufarbeitung dieser und anderer Fragen rund um die Pandemie würde, so Kopp, auch der Gesellschaft insgesamt guttun.

Kein Raum für Rechtsradikalismus

Leidenschaftlich erinnerte der Landesbischof an die Europawahl. Die Europäische Union habe über Jahrzehnte für einen stabilen Frieden gesorgt, so Kopp. „Wir müssen alles dafür tun, dass die Europäische Union weiter den Frieden sichert und Kompromisse ausarbeitet.“ Für viele der gegenwärtigen Herausforderungen könnte es nur europäische Lösungen geben. Die gesellschaftliche sowie die individuelle Überforderung hätten weltweit zu einem Zulauf zu den nationalistischen Parteien geführt. Doch da die Kirche der unverbrüchlichen Würde jedes Menschen verpflichtet sei, könnten Christinnen und Christen keine Partei wählen, die rechtsextremistische und fremdenfeindliche Positionen vertritt. „ Werben Sie bitte in Ihrem Umfeld für die Europawahl und für die Wahl von demokratischen Parteien. Messen Sie Kandidierende an dem christlichen Gedanken der Gerechtigkeit und des Respekts vor jedem Leben.“

"Ich schäme mich zutiefst"

Eine Kultur des Hinsehens forderte Landesbischof Christian Kopp nach der Bekanntgabe der  Ergebnisse der ForuM-Studie zur sexualisierten Gewalt in der evangelischen Kirche. Sexualisierte Gewalt widerspreche den christlichen Grundüberzeugungen von der Würde und Unverletzlichkeit jedes Menschen. „Wir alle müssen gemeinsam aktiv gegen Missbrauch werden. Ich schäme mich zutiefst, dass es überhaupt sexualisierte Gewalt im Bereich der Evangelischen Kirche gab und gibt.“ In vielen Bereichen sei sexualisierte Gewalt ein Tabu. Doch jetzt gelte es, auf die Erfahrungen, Erlebnisse und Forderungen von Betroffenen noch mehr zu hören als bisher. „Ihr Leid, ihre Geschichten, ihre Perspektiven sind wichtig für unser kirchliches Handeln.“ Kopp berichtete, dass die ELKB gerade zusammen mit der Diakonie Bayern die Einsetzung der unabhängigen regionalen Aufarbeitungskommission Bayern vorbereite. Eine zentrale unabhängige Ansprechstelle oder Ombudsstelle für Betroffene auf Deutschlandebene halte er für unabdingbar, so der Landesbischof.
Er begrüßte Karin Krapp und Detlev Zander, Betroffenenvertreter aus dem Beteiligungsforum der EKD und der Diakonie, die über die Arbeit im Beteiligungsforum berichteten.

Impulse aus dem Beteiligungsforum

Kritik an den zahlreichen öffentlichen Äußerungen der Bayerischen Landeskirche rund um die ForuM-Studie äußerte Karin Krapp. „Sie haben schon angefangen zu reden, bevor die Studie wahrgenommen wurde. Viele Reaktionen der Landeskirche – dem Reden von der lernenden Kirche, von dem gesamtgesellschaftlichen Problem und in dem Herausstellen all des Guten, das die Kirche tut, seien Abwehrreaktionen und Relativierungen. Relativierung sei ein Schutzmechanismus für Betroffene, wenn der Abgrund der erlittenen Gewalt zu groß werde. Aber: „Braucht eine Kirche Christi solch einen Schutz? Muss sich nicht eine Kirche des Gekreuzigten nackt und hilflos zeigen und damit offen für die Abgründe, die ich nicht immer zeigen kann?“ Krapp forderte die Kirche auf, sexualisierte Gewalt nicht an die Kirchenleitung und Fachstellen „wegzudelegieren“. „Gemeinden wüssten oft gar nichts von den Missbrauchsfällen vor Ort. Es sei an der Zeit, dass sexualisierte Gewalt vor Ort – wo sie geschehen sei und geschehe - wahrgenommen werde. Gemeinden hätten gesehen, geschwiegen, sich abgewendet. Darum: „Gehen Sie mit der Studie in die Gemeinden. Lesen Sie, reden Sie darüber. Verfallen Sie nicht in das nächste Schweigen."

"Was würden Sie machen, wenn Ihr Kind, ihr Enkel oder ihre Enkelin Missbrauch erlebt hätte. In Ihrer Kirche? Was würden Sie dann tun?", konfrontierte Detlev Zander, ebenfalls vom Beteiligungsforum sexualisierte Gewalt in der EKD die Synodalen.  Nach der ForuM-Studie sei nun entscheidend, "wie ihr alle damit umgeht, wie eure Kirche damit existiert". Er erwarte von jedem, dass er oder sie mit dieser Studie umgehe. "Dass die Studie nicht wegdiskutiert oder wegmoderiert wird." Zander verstärkte, es ergebe keinen Sinn, wenn Maßnahmen in der Landessynode erarbeitet, aber nicht in den Gemeinden umgesetzt würden. Darauf werde das Beteiligungsforum immer wieder hinweisen. Zander forderte die Synodalen auf: „„Nicht immer sagen: 'Wir werden, wir sollten, wir müssten… ' Einfach machen. Wir haben Euch so viel gegeben. Macht etwas draus! “

22.04.2024
Anne Lüters

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