
Statt parallele Pflichtstrukturen zu schaffen, sollte ein allgemeiner Rechtsanspruch auf einen Freiwilligendienst mit attraktiven Rahmenbedingungen geschaffen werden, forderte die EJB.
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Evangelische Jugend Bayern
Freiwilligendienste stärken
Mit dem Kabinettsbeschluss zur Modernisierung der Wehrpflicht hat die Bundesregierung eine neue Debatte eröffnet. Vorgesehen ist ein neu ausgestalteter Wehrdienst: zunächst freiwillig, mit höheren Soldzahlungen und verpflichtender Musterung für Menschen mit einem männlichen Passeintrag ab 2027. Ab dann könnte bei zu geringen Freiwilligenzahlen eine Pflicht greifen. Für den Jugendverband birgt dieser Schritt die Gefahr einer „Wehrpflicht durch die Hintertür“.
„Junge Menschen sind in den vergangenen Jahren durch Corona, den Krieg in Europa und vielfältige Krisen enorm belastet worden. Viele leiden unter Ängsten und Zukunftssorgen. Wer resiliente und engagierte junge Menschen für die Gesellschaft gewinnen will, muss auf echte Einbindung, Respekt und Freiwilligkeit setzen“, betont Malte Scholz, EJB-Vorsitzender.
Besonders kritisch sieht der konfessionelle Jugendverband, dass die Bundesregierung mit der Entscheidung Fakten schafft, ohne die Stimmen der jungen Menschen ausreichend einzubeziehen. Ab Herbst soll die Debatte im Parlament weitergeführt werden. Aus Sicht der EJB muss diese Diskussion kontrovers, transparent und gründlich erfolgen. „Ein Schnellschuss geht zu Lasten junger Menschen und ist bei einem gesellschaftlich so wichtigen Thema nicht angemessen“, sagt Malte Scholz.
Aktuelle Studien zeigen, dass die Mehrheit junger Menschen in Deutschland eine Wiedereinführung der Wehrpflicht oder einen allgemeinen Pflichtdienst ablehnt, da sie ihre persönliche Freiheit und individuelle Entscheidungsfreiheit schätzen. Zwar befürworten Teile der Bevölkerung eine allgemeine Dienstpflicht, weil sie eine fairere Lastenverteilung zwischen den Altersgruppen erwarten – doch gerade hier ist es entscheidend, junge Menschen in die Entscheidungsprozesse einzubinden, anstatt über ihre Köpfe hinweg zu entscheiden.
Außerdem warnt der christliche Jugendverband davor, dass der geplante Aufbau von Strukturen für einen neuen Zivildienst die bestehenden Freiwilligendienste schwächen könnte. Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ), Freiwilliges Ökologisches Jahr (FÖJ) und Bundesfreiwilligendienst übernehmen schon jetzt wertvolle Aufgaben in Kirche, Diakonie, Sozial-, Sport- und Umweltarbeit. Statt parallele Pflichtstrukturen zu schaffen, sollte ein allgemeiner Rechtsanspruch auf einen Freiwilligendienst mit attraktiven Rahmenbedingungen geschaffen werden. Das würde jungen Menschen echte Wahlmöglichkeiten eröffnen und die bestehenden Strukturen sinnvoll stärken.
Die Evangelische Jugend in Bayern fordert in der Debatte:
Dialog statt Zwang: Vor jeder Überlegung zu einem Pflichtdienst muss das Gespräch mit jungen Menschen gesucht werden. Ihre Perspektiven müssen im Mittelpunkt stehen.
Freiwilligendienste stärken: FSJ, FÖJ und Bundesfreiwilligendienst brauchen bessere Rahmenbedingungen, finanzielle Anerkennung und eine gesicherte Perspektive – nicht Konkurrenz durch neue Pflichtstrukturen.
Bestehendes nutzen statt Neues aufbauen: Anstatt teure Zivildienststrukturen neu aufzubauen, wäre ein allgemeiner Anspruch auf einen Freiwilligendienst mit attraktiven Rahmenbedingungen ein sinnvollerer und nachhaltigerer Weg.
Friedenspolitische Verantwortung wahrnehmen: Zwangsdienste passen nicht zu einer Gesellschaft, die auf Demokratie, Solidarität und Frieden baut.
Die Evangelische Jugend ruft Politik und Gesellschaft auf, alle Kraftanstrengungen auf Freiwilligkeit zu richten und bestehende Freiwilligendienste als gleichwertige Alternative zur Wehrpflicht auszubauen. Junge Menschen verdienen Vertrauen, Wertschätzung und die Chance, sich aus freien Stücken einzubringen.
01.09.2025
EJB