Palermos Bürgermeister Leoluca Orlando und der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm in Palermo

„Die Kriminalisierung und Behinderung der zivilen Seenotrettung ist sofort zu beenden“, appellieren Orlando und Bedford-Strohm an die Regierungen, Parlamente und EU-Kommission.

Bild: Mölkner-Kappl

Bedford-Strohm und Leoluca Orlando erneuerten im Oktober 2019 den Palermo-Appell für die Rettung von Bootsflüchtlingen - ein Film von Axel Mölkner-Kappl.

Palermo

Not, Leid und Verzweiflung haben keine Nationalität

Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm und der Bürgermeister von Palermo, Leoluca Orlando, haben die Europäische Union (EU) aufgefordert, die Rettung von Bootsflüchtlingen wieder aufzunehmen.

„Not, Leid und Verzweiflung haben keine Nationalität. Und Glaube, Liebe und Hoffnung haben auch keine Nationalität“. Vier Monate nach Ihrem gemeinsamen „Palermo-Apell“ haben Palermos Bürgermeister Leoluca Orlando und der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, erneut einen eindringlichen Aufruf an die Regierungen, Parlamente und die Kommission der Europäischen Union gerichtet. Darin bitten sie um die Freigabe aller beschlagnahmten oder festgehaltenen Rettungsschiffe.

Wer immer Menschen in Not beisteht – sei es durch die Integration von Flüchtlingen, sei es durch Rettung von Menschen aus dem Meer oder die Unterstützung von Entwicklungsprojekten oder Hilfe in Katastrophenfällen – leistet einen unschätzbaren Beitrag zu einer Welt,  in der eines Tages jeder Mensch in Würde leben kann.

Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm in seiner Dankesrede in Palermo

„Die Kriminalisierung und Behinderung der zivilen Seenotrettung ist sofort zu beenden“, appellieren Orlando und Bedford-Strohm in dem am vergangenen Freitag Palermo veröffentlichten Papier. Zugleich forderten sie die Wiederaufnahme der staatlichen Seenotrettung im Mittelmeer. „Seenotrettung ist eine staatliche Aufgabe, die durch die europäischen Regierungen wahrgenommen werden muss.“ Die europäischen Regierungen hätten bis heute keine klare Vision für eine Lösung jener humanitären Katastrophe, die sich seit Jahren im Mittelmeer abspiele. Der neuerliche Aufruf unterstreicht den Palermo-Appell vom Juni dieses Jahres, in dem Palermos Bürgermeister und der EKD-Ratsvorsitzende einen europäischen Verteilmechanismus für Bootsflüchtlinge gefordert hatten. Dem Appell hatten sich damals zahlreiche Bürgermeister von Städten und Gemeinden sowie Vertreter von Kirchen und Zivilgesellschaft in ganz Europa angeschlossen.

Veröffentlicht wurde der Aufruf am Rande der Verleihung der Ehrenbürgerwürde der Stadt Palermo an den EKD-Ratsvorsitzenden Bedford-Strohm. „Zur Verleihung der Ehrenbürgerwürde an Bischof Heinrich Bedford-Strohm hat mich die Überzeugung geführt, dass wir viele Ideen in Bezug auf Einwanderungspolitik, Willkommenskultur, Asylrecht und Seenotrettung teilen.“, so Bürgermeister Leoluca Orlando in einer Feierstunde im Rathaus von Palermo. Wie Palermo sei auch die Evangelische Kirche in Deutschland und insbesondere der Bischof engagiert, eine Lösung zu einem epochalen Phänomen zu finden, um Menschen, die auf der Flucht sind vor Krieg, Terror und Verfolgung, auf ihrer Suche nach einem besseren Leben zu helfen.

Der bayerische Landesbischof Bedford-Strohm hatte bereits im Juni bei einem Besuch in der sizilianischen Hauptstadt gemeinsam mit Orlando einen Appell gegen die Kriminalisierung privater Seenotretter und für eine europäische Lösung bei der Aufnahme von Bootsflüchtlingen unterzeichnet. Wenig später war der Bürgermeister von Palermo Gast des 37. Deutschen Evangelischen Kirchentages in Dortmund.

"Ich danke den Einwohnern von Palermo und ihrem Bürgermeister Leoluca Orlando dafür, dass sie bewiesen haben, dass Politik ein menschliches Gesicht zeigen kann, erwiderte Bedford-Strohm in seiner Dankesrede, „und dass eine offene, solidarische Stadt ein besserer Ort ist, sowohl für diejenigen, die dort schon lange zuhause sind als auch für diejenigen, die dort gerade heimisch werden“, so der EKD-Ratsvorsitzende. „Ich bin stolz sagen zu können, dass ich jetzt ein Palermitaner bin.“ Er freue sich aber auch über die Würdigung der unzähligen Ehrenamtlichen in Kirche und Gesellschaft, die mit dieser Auszeichnung verbunden sei. „Stellvertretend für sie nehme ich die Auszeichnung entgegen: Wer Menschen in Not unterstützt, sei es durch die Integration von Flüchtlingen, in der Seenotrettung oder durch die Unterstützung von Entwicklungsprojekten oder Katastrophenhilfe, leistet einen unverzichtbaren Beitrag dafür, dass Menschen überall in der Welt in Würde leben können.“

 

09.10.2019
EKD/ELKB