Begeisterung bewirkt Vielsprachigkeit, über Sprachgrenzen hinweg.

"Begeisterung bewirkt Vielsprachigkeit, über Sprachgrenzen hinweg."

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Wort zu Pfingsten

Ein Fest der Verständigung

"Begeisterung bewirkt Vielsprachigkeit, über Sprachgrenzen hinweg." In ihrem Wort zu Pfingsten beschreibt Regionalbischöfin Berthild Sachs die Verständigung über Barrieren hinweg.

Liebe Leserin, lieber Leser,

die Hinreise verbringe ich mit Vokabellernen. Jede freie Minute krame ich meine Spickzettel heraus. In Lautschrift habe ich mir die wichtigsten Wendungen in der Landessprache aufgeschrieben: „Guten Tag. - Ich komme aus Deutschland. - Ich verstehe nicht. - Wie heißt du? - Wo finde ich eine Toilette?“ In der Ankunftshalle erwartet mich eine Frau mit Schild, auf dem mein Name steht. Ich probiere es mit einigen der erlernten Formeln. Die Frau schaut mich ratlos an, versteht mich nicht. Sagt etwas. Ich zucke die Schultern. Unsere Blicke treffen sich. Dann lachen wir beide los. Sie hakt mich unter, schnappt sich meinen Koffer und deutet mit der Hand zum Parkplatz.

Vielleicht kennen Sie solche Situationen, wenn eine gemeinsame Sprache fehlt und Verständigung dadurch schwierig bis unmöglich ist. Da wird die Geduld auf die Probe gestellt! Aber manchmal ist es ja auch so: Da verstehen wir einander nicht, obwohl wir eigentlich doch die gleiche Sprache sprechen! Wenn wir ein und dasselbe unterschiedlich hören, wenn eine harmlose Information als Vorwurf ankommt oder eine sachlich gemeinte Nachfrage sofort als Kritik aufgefasst wird.

In der Bibel wird Pfingsten auch als Wunder des Verstehens und als ein Fest der Verständigung erzählt. Damals waren in Jerusalem Menschen aus aller Herren Länder mit unterschiedlichsten Sprachen unterwegs. Jesu Freunde predigten von den Taten Gottes. Sie alle kamen aus Galiläa und sprachen Aramäisch. Doch dann hören die Menschen sie in ihrer jeweils eigenen Muttersprache sprechen. Denn es liegt ein besonderer Geist in der Luft. Er inspiriert zum Verstehen. Der Funke springt über. Begeisterung bewirkt Vielsprachigkeit, über Sprachgrenzen hinweg.

Christen nennen diesen Geist „Heiligen Geist“. Sie feiern, dass Gott diesen Geist an Pfingsten in die Welt sendet. Er baut Brücken zwischen Fremden. Er wirkt, dass jemand meine Sprache spricht. Ich fühle mich wahrgenommen und verstanden. Nur so können Gemeinschaft und Solidarität wachsen. Pfingsten wird zur Geburtsstunde der Kirche. Einer Kirche, die aus der Vielfalt heraus entsteht, in der Verständigung dennoch gelingt.

Allerdings: Dieser Heilige Geist ist auch ein Freigeist. Er weht, wo und wie er will. Als Gottesgabe ist er unverfügbar. Doch wir können ihm zumindest eine „Landebahn“ bereiten: durch Zugewandtheit und Respekt, durch Herzlichkeit und Gastfreundschaft, durch Vertrauen und Humor. Unsere Pfingstlieder bitten diesen Geist, bei uns zu landen: „Komm, Heilger Geist, mit deiner Kraft, die uns verbindet und Leben schafft.“

Ich wünsche Ihnen erfrischende, frohe Pfingsttage!

06.06.2025
Berthild Sachs