Reinhard Kardinal Marx, Landesbischof Heinrich Bedford Strohm

Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm: "Für mich ist die Arbeit der Insel eine moderne Schule des Vertrauens."

Bild: ELKB/Minkus

Münchner Insel

Ein Ruheplatz in den Stürmen des Lebens

50 Jahre Münchner Insel: Das Beratungsangebot in ökumenischer Trägerschaft, das seit 1972 in zentraler Lage im Untergeschoss des Marienplatzes untergebracht ist, feiert Jubiläum.

Der Erzbischof von München und Freising, Kardinal Reinhard Marx, und der Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, Heinrich Bedford-Strohm, haben anlässlich des 50-jährigen Bestehens der Münchner Insel die Bedeutung dieser ökumenischen Krisen- und Lebensberatungsstelle gewürdigt. Bei einem ökumenischen Festgottesdienst am Mittwoch in der evangelischen St. Markuskirche sagte Kardinal Marx: „Die Münchner Insel ist keine politische Veranstaltung und doch ist sie eine. Denn die großen Stürme wirken sich auch im Leben der Menschen aus, ihre Ängste und Sorgen, bis hin zu der Frage, dass wir uns wieder Gedanken machen müssen, ob wir warm durch den Winter kommen.“ Landesbischof Bedford-Strohm unterstrich: „Die aktuelle Weltsituation macht auch viele von uns sehr unruhig und bringt Unsicherheit in den Alltag des Lebens und verstärkt die Sehnsucht nach einer ruhigen Insel, wo wir Kraft schöpfen können.“

Der Landesbischof erläuterte: „Für mich ist die Arbeit der Insel eine moderne Schule des Vertrauens. Wenn man schwere Erfahrungen im Leben macht, wird man leicht misstrauisch. Umso wertvoller ist es, wenn die Menschen, die an der Münchner Insel anlanden, spüren, dass sie nicht allein sind. Und es kann einfach nur das Wissen sein: ‚da kann ich hingehen‘, das Sicherheit und Vertrauen gibt.“

Die Menschen, die in der Münchner Insel andere begleiten, sind Helferinnen und Helfer zum Wachstum solchen Vertrauens, manchmal sind sie sogar überhaupt erst Geburtshelferinnen und Geburtshelfer dieses Vertrauens. Sie sind einfach da. So wie Christus für die Jünger einfach da ist. So dass sie ruhig werden in der Seele.

Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm in seiner Predigt zum 50jährigen Jubiläum der Münchner Insel

Kardinal Marx hob hervor, Christen hätten oft verlernt, mit Gott zu hadern und zu streiten, ihre Wut und Angst auszusprechen: „Wo bist du, Gott?“ Es gelte also, so der Erzbischof, Menschen ein Grundvertrauen zu ermöglichen: „Der Grund unseres Daseins ist nicht die Nacht, die Angst. Der Grund unseres Daseins ist, dass wir vertrauen können.“

Die Münchner Insel bietet seit 1972 in zentraler Lage im Untergeschoss des Marienplatzes in ökumenischer Trägerschaft ein qualifiziertes kostenloses Beratungsangebot in Krisen und bei Lebensfragen aller Art. Das multiprofessionelle Team besteht aus Psychologinnen und Psychologen, Theologinnen und Theologen, Sozialpädagoginnen und -pädagogen mit psychotherapeutischer beziehungsweise Seelsorge-Ausbildung und einer Juristin. Neben der Vermittlung von Informationen zu kirchlichen, kommunalen und psychosozialen Angeboten besteht die Möglichkeit einer seelsorglichen Begleitung. Im Schnitt werden pro Jahr rund 8.000 Menschen beraten. Geöffnet ist montags, dienstags, mittwochs und freitags von 9 Uhr bis 18 Uhr, donnerstags von 11 Uhr bis 18 Uhr.

Aktuell verzeichnet die Münchner Insel vermehrt Fragen rund um die explodierenden Energiekosten, die gestiegenen Lebenshaltungskosten und Verschuldung. Ein Dauerbrennerthema ist der schwierige Wohnungsmarkt mit kaum bezahlbarem Wohnraum. Immer aktuell sind auch Beziehungsthemen, Gewalt in Familien und umgekehrt das große Thema der Einsamkeit und des sozial nicht mehr Eingebunden-Seins. Gerade alte und vulnerable Menschen, wie zum Beispiel psychisch verletzliche Menschen, sind oft noch immer im Rückzugs-Modus der Pandemie gefangen und trauen sich aus Angst vor Ansteckung und Erkrankung nicht, Kontakte wieder aufleben zu lassen, sofern diese überhaupt noch bestehen.  

Einen großen Teil der Beratungen machen auch Themen akuter Trauer aus, sei es nach einer plötzlichen, tödlichen Diagnose oder dem Verlust eines geliebten Menschen etwa durch Unfall oder Krankheit. Auch (Re-)Traumatisierungen spielen eine wichtige Rolle bei den Gesprächen, die bei Betroffenen von Krieg und Gewalt und auch bei Zeuginnen und Zeugen von Krieg und Gewalt, dabei auch bei der Generation des Zweiten Weltkriegs, auftreten.

 

13.10.2022
ELKB/Minkus