Kreuz am Rückspiegel

Geben auch heute noch Orientierung im Glauben: die Bekenntnisse.

Bild: Unsplash / Julie Tupas

Bekenntnisse

Das Augsburger Bekenntnis

Das Augsburger Bekenntnis wurde von Philipp Melanchthon im Auftrag von Kaiser Karl verfasst. Es gibt die entscheidenden Kernpunkte der protestantischen Überzeugung aus dem Jahr 1530 wieder.

Der von Kaiser Karl V. nach Augsburg einberufene Reichstag sollte eine Lösung der drängend gewordenen Religionsfragen bringen. Eine Kirchenspaltung drohte unvermeidlich zu werden. Auf anderen Reichstagen in den Jahren zuvor waren die Standpunkte bereits deutlich geworden (zum Beispiel bei der "Speyrer Protestation" 1529).

Ursprünglich war beabsichtigt, die unterschiedlichen Auffassungen bestimmter Punkte des praktizierten Glaubens darzustellen. Doch dann wurde auf dem Reichstag in Augsburg eine umfassende Darstellung des Glaubens vorgelegt, die im ersten Teil die Hauptaussagen zur Glaubenslehre enthält und im zweiten Teil die Stellungnahmen zur Abschaffung bestimmter kirchlicher Bräuche bei den Protestanten.

Margot Käßmann, Heinrich Bedford-Strohm

Cover des Buches Margot Käßmann, Heinrich Bedford-Strohm: Die Welt verändern. Was uns der Glaube heute noch zu sagen hat.

Die Welt verändern. Was uns der Glaube heute noch zu sagen hat.

In diesem Jubiläumsband findet der Leser alles Wissenswerte über die Reformation, ihre Ideen und Ziele. Vor allem aber geht es darum, inwieweit der Glaube heute noch Antworten auf die drängenden Fragen der Gegenwart geben kann, die vielerorts durch Elend, Krieg und Flucht geprägt ist. Welcher Beitrag kann zur Versöhnung der Religionen und zum gegenseitigen Verständnis geleistet werden?

Bestellinformation:

ISBN: 978-3-96038-007-8

Bekenntnis konnte Kirchenspaltung nicht verhindern

Durch die klärenden Artikel des Augsburger Bekenntnisses versuchten die Reformatoren ursprünglich, die Gemeinsamkeit mit der katholischen Kirche wiederzuerlangen. Es ist in seinem Ziel also ein ökumenisches Bekenntnis. Freilich wurde es in der Folge zu der zentralen Bekenntnisschrift der protestantischen Kirchen lutherischer Prägung und konnte die Kirchenspaltung nicht verhindern.

Das Augsburger Bekenntnis wurde von Philipp Melanchthon in lateinischer und deutscher Sprache verfasst. Die beiden Fassungen weisen etliche Unterschiede auf; die deutsche Fassung ist keine wörtliche Übersetzung der lateinischen. Dennoch geben sie je auf ihre Weise die entscheidenden Kernpunkte der protestantischen Überzeugung aus dem Jahr 1530 wieder.

Zeit und Denken des 16. Jahrhunderts

1537 wurde dem Bekenntnis dann offiziell noch die Schrift "Von der Gewalt des Papstes" von Melanchthon hinzugefügt. Eine Gruppe von evangelischen Fürsten und Reichsstädten unterzeichnete die "Confessio Augustana", die dem Kaiser beim Reichstag vorgelegt wurde. Im Vorwort wird ausdrücklich Gesprächsbereitschaft erklärt, und die Schlusserklärung betont noch einmal die Übereinstimmung mit der Heiligen Schrift und dem Bekenntnis der Alten Kirche.

Die Lehrverurteilungen des Augsburger Bekenntnisses entstammen der Sache nach der Zeit und dem Denken des 16. Jahrhunderts. Durch die bis in die Gegenwart hinein geführten Lehrgespräche zwischen den verschiedenen Kirchen geben die Verurteilungen nicht mehr den aktuellen Stand des Verhältnisses der Kirchen und Glaubensgemeinschaften untereinander wieder.

Auch heute noch Orientierung im Glauben

Auch wenn es in seinen kirchenpolitischen Urteilen ein Kind seiner Zeit geblieben ist, stellt das Bekenntnis in seiner theologischen Ausrichtung ein zeitloses Dokument dar, das auch heute noch Orientierung im Glauben geben kann.

Artikel 1: Von Gott
Zuerst wird einträchtig laut Beschluss des Konzils von Nizäa gelehrt und festgehalten, dass ein einziges göttliches Wesen sei, das Gott genannt wird und wahrhaftig Gott ist, und dass doch drei Personen in diesem einen göttlichen Wesen sind, alle drei gleich mächtig, gleich ewig: Gott Vater, Gott Sohn, Gott Heiliger Geist. Alle drei sind ein göttliches Wesen, ewig, unteilbar, unendlich, von unermesslicher Macht, Weisheit und Güte, ein Schöpfer und Erhalter aller sichtbaren und unsichtbaren Dinge. Unter dem Wort "Person" wird nicht ein Teil, nicht eine Eigenschaft an einem anderen Sein verstanden, sondern etwas, was in sich selbst besteht (selbständig ist), so wie die Kirchenväter in dieser Sache dieses Wort gebraucht haben. Deshalb werden alle Irrlehren verworfen, die diesem Artikel widersprechen.

Artikel 2: Von der Erbsünde
Weiter wird bei uns gelehrt, dass nach Adams Fall alle natürlich geborenen Menschen in Sünde empfangen und geboren werden, das heißt, dass sie alle von Mutterleib an voll böser Lust und Neigung sind und von Natur keine wahre Gottesfurcht, keinen wahren Glauben an Gott haben können, ferner dass auch diese angeborene Seuche und Erbsünde wirklich Sünde ist und daher alle die unter den ewigen Gotteszorn verdammt, die nicht durch die Taufe und den Heiligen Geist wieder neu geboren werden. Damit werden die verworfen, die die Erbsünde nicht für eine Sünde halten, damit sie die Natur fromm machen durch natürliche Kräfte, in Verachtung des Leidens und Verdienstes Christi.

Artikel 3: Vom Sohn Gottes
Ebenso wird gelehrt, dass Gott, der Sohn, Mensch geworden ist, geboren aus der reinen Jungfrau Maria, und dass die zwei Naturen, die göttliche und die menschliche, also in einer Person untrennbar vereinigt, ein Christus sind, der wahrer Gott und wahrer Mensch ist, wahrhaftig geboren, gelitten, gekreuzigt, gestorben und begraben, dass er ein Opfer nicht allein für die Erbsünde, sondern auch für alle anderen Sünden war und Gottes Zornversöhnte, ebenso dass dieser Christus hinab gestiegen ist zur Hölle(Unterwelt), am dritten Tage wahrhaftig auferstanden ist von den Toten und aufgefahren ist in den Himmel; er sitzt zur Rechten Gottes, dass er ewig über alle Geschöpfe herrsche und regiere; dass er alle, die an ihn glauben, durch den Heiligen Geist heilige, reinige, stärke und tröste, ihnen auch Leben und allerlei Gaben und Güter austeile und sie schütze und beschirme gegen den Teufel und die Sünde; dass dieser Herr Christus am Ende öffentlich kommen wird, zu richten die Lebenden und die Toten usw. laut dem Apostolischen Glaubensbekenntnis.

Artikel 4: Von der Rechtfertigung
Weiter wird gelehrt, dass wir Vergebung der Sünde und Gerechtigkeit vor Gott nicht durch unser Verdienst, Werk und Genugtuung erlangen können, sondern dass wir Vergebung der Sünde bekommen und vor Gott gerecht werden aus Gnade um Christi willen durch den Glauben, nämlich wenn wir glauben, dass Christus für uns gelitten hat und dass uns um seinetwillen die Sünde vergeben, Gerechtigkeit und ewiges Leben geschenkt wird. Denn diesen Glauben will Gott als Gerechtigkeit, die vor ihm gilt, ansehen und zurechnen, wie der Hl. Paulus zu den Römern im 3. und 4. Kapitel sagt.

Artikel 5: Vom Predigtamt
Um diesen Glauben zu erlangen, hat Gott das Predigtamt eingesetzt, das Evangelium und die Sakramente gegeben, durch die er als durch Mittel den Heiligen Geist gibt, der den Glauben, wo und wann er will, in denen, die das Evangelium hören, wirkt, das da lehrt, dass wir durch Christi Verdienst, nicht durch unser Verdienst, einen gnädigen Gott haben, wenn wir das glauben. Und es werden die verdammt, die lehren, dass wir den Heiligen Geist ohne das leibhafte Wort des Evangeliums durch eigene Vorbereitung, Gedanken und Werke erlangen.

Artikel 6: Vom neuen Gehorsam
Auch wird gelehrt, dass dieser Glaube gute Früchte und gute Werke hervorbringen soll und dass man gute Werke tun muss, und zwar alle, die Gott geboten hat, um Gottes willen. Doch darf man nicht auf solche Werke vertrauen, um dadurch Gnade vor Gott zu verdienen. Denn wir empfangen Vergebung der Sünde und Gerechtigkeit durch den Glauben an Christus - wie Christus selbst spricht: "Wenn ihr alles getan habt, sollt ihr sprechen: Wir sind untüchtige Knechte." So lehren auch die Kirchenväter. Denn Ambrosius sagt: "So ist es bei Gott beschlossen, dass, wer an Christus glaubt, selig ist und nicht durch Werke, sondern allein durch den Glauben ohne Verdienst Vergebung der Sünde hat."

Artikel 7: Von der Kirche
Es wird auch gelehrt, dass allezeit eine heilige, christliche Kirche sein und bleiben muss, die die Versammlung aller Gläubigen ist, bei denen das Evangelium rein gepredigt und die heiligen Sakramente laut dem Evangelium gereicht werden. Denn das genügt zur wahren Einheit der christlichen Kirche, dass das Evangelium einträchtig im reinen Verständnis gepredigt und die Sakramente dem göttlichen Wort gemäß gereicht werden. Und es ist nicht zur wahren Einheit der christlichen Kirche nötig, dass überall die gleichen, von den Menschen eingesetzten Zeremonien eingehalten werden, wie Paulus sagt: "Ein Leib und ein Geist, wie ihr berufen seid zu einer Hoffnung eurer Berufung; ein Herr, ein Glaube, eine Taufe" (Eph 4,4-5).

Artikel 8: Was die Kirche sei?
Ebenso, obwohl die christliche Kirche eigentlich nichts anderes ist als die Versammlung aller Gläubigen und Heiligen, jedoch in diesem Leben unter den Frommen viele falsche Christen und Heuchler, auch öffentliche Sünder bleiben, sind die Sakramente gleich wohl wirksam, auch wenn die Priester, durch die sie gereicht werden, nicht fromm sind; wie denn Christus selbst sagt: "Auf dem Stuhl des Mose sitzen die Pharisäer" usw. (Mt 23,2). Deshalb werden alle verdammt, die anders lehren.

Artikel 9: Von der Taufe
Von der Taufe wird gelehrt, dass sie heilsnotwendig ist und dass durch sie Gnade angeboten wird; dass man auch die Kinder taufen soll, die durch die Taufe Gott überantwortet und gefällig werden, d.h. in die Gnade Gottes aufgenommen werden. Deshalb werden die verworfen, die lehren, dass die Kindertaufe nicht richtig sei.

Artikel 10: Vom heiligen Abendmahl
Vom Abendmahl des Herrn wird so gelehrt, dass der wahre Leib und das wahre Blut Christi wirklich unter der Gestalt des Brotes und Weines im Abendmahl gegenwärtig sind und dort ausgeteilt und empfangen wird. Deshalb wird auch die Gegenlehre verworfen.

Artikel 11: Von der Beichte
Von der Beichte wird so gelehrt, dass man in der Kirche die private Absolution oder Lossprechung beibehalten und nicht wegfallen lassen soll, obwohl es in der Beichte nicht nötig ist, alle Missetaten und Sünden aufzuzählen, weil das doch nicht möglich ist: "Wer kennt seine Missetat?" (Ps 19,13).

Artikel 12: Von der Buße
Von der Buße wird gelehrt, dass diejenigen, die nach der Taufe gesündigt haben, jederzeit, wenn sie Buße tun, Vergebung der Sünden erlangen und ihnen die Absolution von der Kirche nicht verweigert werden soll. Nun ist wahre, rechte Buße eigentlich nichts anderes als Reue und Leid oder das Erschrecken über die Sünde und doch zugleich der Glaube an das Evangelium und die Absolution, nämlich dass die Sünde vergeben und durch Christus Gnade erworben ist. Dieser Glaube tröstet wiederum das Herz und macht es zufrieden. Danach soll auch die Besserung folgen und dass man von Sünden lasse; denn dies sollen die Früchte der Buße sein - wie Johannes sagt: "Tut rechtschaffene Frucht der Buße" (Mt 3,8). Hiermit werden die verworfen, die lehren, dass diejenigen, die einmal fromm geworden (zum Glauben gekommen) sind, nicht wieder in Sünden fallen können. Andererseits werden auch die verworfen, die die Absolution denen verweigerten, die nach der Taufe gesündigt hatten. Auch werden die verworfen, die nicht lehren, dass man durch Glauben Vergebung der Sünde erlangt, sondern durch unsere Genugtuung.

Artikel 13: Vom Gebrauch der Sakramente
Vom Gebrauch der Sakramente wird gelehrt, dass die Sakramente nicht nur als Zeichen eingesetzt sind, an denen man die Christen äußerlich erkennen kann, sondern dass sie Zeichen und Zeugnis sind des göttlichen Willens gegen uns, um dadurch unseren Glauben zu erwecken und zu stärken. Darum fordern sie auch Glauben und werden dann richtig gebraucht, wenn man sie im Glauben empfängt und den Glauben durch sie stärkt.

Artikel 14: Vom Kirchenregiment
Vom Kirchenregiment (kirchlichen Amt) wird gelehrt, dass niemand in der Kirche öffentlich lehren oder predigen oder die Sakramente reichen soll ohne ordnungsgemäße Berufung.

Artikel 15: Von Kirchenordnungen
Von Kirchenordnungen, die von Menschen gemacht sind, lehrt man bei uns, diejenigen einzuhalten, die ohne Sünde eingehalten werden können und die dem Frieden und der guten Ordnung in der Kirche dienen, wie bestimmte Feiertage, Feste und dergleichen. Doch werden dabei die Menschen unterrichtet, dass man die Gewissen nicht damit beschweren soll, als seien solche Dinge notwendig zur Seligkeit. Darüber hinaus wird gelehrt, dass alle Satzungen und Traditionen, die von Menschen zu dem Zweck gemacht worden sind, dass man dadurch Gott versöhne und Gnade verdiene, dem Evangelium und der Lehre vom Glauben an Christus widersprechen. Deshalb sind Klostergelübde und andere Traditionen über Fastenspeisen, Fasttage usw., durch die man Gnade zu verdienen und für die Sünde Genugtuung zu leisten meint, nutzlos und gegen das Evangelium.

Artikel 16: Von der Polizei (Staatsordnung) und dem weltlichen Regiment
Von der Polizei (Staatsordnung) und dem weltlichen Regiment wird gelehrt, dass alle Obrigkeit in der Welt und geordnetes Regiment und Gesetze gute Ordnung sind, die von Gott geschaffen und eingesetzt sind, und dass Christen ohne Sünde in Obrigkeit, Fürsten - und Richteramt tätig sein können, nach kaiserlichen und anderen geltenden Rechten Urteile und Recht sprechen, Übeltäter mit dem Schwert bestrafen, rechtmäßig Kriege führen, in ihnen mitstreiten, kaufen und verkaufen, auferlegte Eide leisten, Eigentum haben, eine Ehe eingehen können usw. Hiermit werden die verdammt, die lehren, dass das oben Angezeigte unchristlich sei. Auch werden diejenigen verdammt, die lehren, dass es christliche Vollkommenheit sei, Haus und Hof, Weib und Kind leiblich zu verlassen und dies alles aufzugeben, wo doch allein das die rechte Vollkommenheit ist: rechte Furcht Gottes und rechter Glaube an Gott. Denn das Evangelium lehrt nicht ein äußerliches, zeitliches, sondern ein innerliches, ewiges Wesen und die Gerechtigkeit des Herzens; und es stößt nicht das weltliche Regiment, die Polizei (Staatsordnung) und den Ehestand um, sondern will, dass man dies alles als wahrhaftige Gottesordnung erhalte und in diesen Ständen christliche Liebe und rechte, gute Werke, jeder in seinem Beruf, erweise. Deshalb sind es die Christenschuldig, der Obrigkeit untertan und ihren Geboten und Gesetzen gehorsam zu sein in allem, was ohne Sünde geschehen kann. Wenn aber der Obrigkeit Gebot ohne Sünde nicht befolgt werden kann, soll man Gott mehr gehorchen als den Menschen.

Artikel 17: Von der Wiederkunft Christi zum Gericht
Auch wird gelehrt, dass unser Herr Jesus Christus am Jüngsten Tag kommen wird, umzurichten und alle Toten aufzuerwecken, den Gläubigen und Auserwählten ewiges Leben und ewige Freude zu geben, die gottlosen Menschen aber und die Teufel in die Hölle und zur ewigen Strafe verdammen wird. Deshalb werden die verworfen, die lehren, dass die Teufel und die verdammten Menschen nicht ewige Pein und Qual haben werden. Ebenso werden hier Lehren verworfen, die sich auch gegenwärtig ausbreiten, nach denen vor der Auferstehung der Toten eitel (reine) Heilige, Fromme ein weltliches Reich aufrichten und alle Gottlosen vertilgen werden.

Artikel 18: Vom freien Willen
Vom freien Willen wird so gelehrt, dass der Mensch in gewissem Maße einen freien Willen hat, äußerlich ehrbar zu leben und zu wählen unter den Dingen, die die Vernunft begreift. Aber ohne Gnade, Hilfe und Wirkung des Heiligen Geistes kann der Mensch Gott nicht gefallen, Gott nicht von Herzen fürchten oder an ihn glauben oder nicht die angeborenen, bösen Lüste aus dem Herzen werfen, sondern dies geschieht durch den Heiligen Geist, der durch Gottes Wort gegeben wird. Denn so spricht Paulus: "Der natürliche Mensch vernimmt nichts vom Geist Gottes" (1. Kor 2,14). ( Hier ist der Text gekürzt.)

Artikel 19: Über die Ursache der Sünde
Von der Ursache der Sünde wird bei uns gelehrt: wiewohl Gott der Allmächtige die ganze Natur geschaffen hat und erhält, so bewirkt doch der verkehrte Wille in allen Bösen und Verächtern Gottes die Sünde, wie es denn der Wille des Teufels und aller Gottlosen ist, der sich, sobald Gott seine Hand abzog, von Gott weg dem Argen zugewandt hat, wie Christus sagt: "Der Teufel redet Lügen aus seinem Eigenen" (Joh 8,44).

Artikel 20: Vom Glauben und guten Werken
Den Unseren wird in unwahrer Weise nachgesagt, dass sie gute Werke verbieten. Denn ihre Schriften über die Zehn Gebote und andere beweisen, dass sie von rechten christlichen Ständen und Werken einen guten nützlichen Bericht und eine Ermahnung hinterlassen haben, worüber man früher wenig gelehrt hat; sondern man hat in allen Predigten vor allem zu kindischen, unnötigen Werken, wie Rosenkränze, Heiligenverehrung, Mönch werden, Wallfahrten, Fastenordnungen, Feiertage, Bruderschaften usw. angetrieben. Weil nun die Lehre vom Glauben, die das Hauptstück im christlichen Wesen ist, lange Zeit - wie man bekennen muss - nicht betrieben worden ist, sondern überall allein die Lehre von den Werken gepredigt wurde, ist von den Unseren folgende Unterrichtung gegeben worden: Erstlich, dass unsere Werke uns nicht mit Gott versöhnen und uns nicht Gnade erwerben können, sondern das geschieht allein durch den Glauben - wenn man nämlich glaubt, dass uns um Christi willen die Sünden vergeben werden, der allein der Mittler ist, um den Vater zu versöhnen. Wer nun meint, das durch Werke zu erreichen und dadurch Gnade zu verdienen, der verachtet Christus und sucht einen eigenen Weg zu Gott gegen das Evangelium. Denn das Gewissen kann nicht durch Werke zu Ruhe und Frieden kommen, sondern allein durch den Glauben, wenn es bei sich mit Gewissheit schließt, dass es um Christi willen einen gnädigen Gott hat. Ferner wird gelehrt, dass gute Werke geschehen sollen und müssen, aber nicht, dass man darauf vertraut, durch sie Gnade zu verdienen, sondern um Gottes willen und zu Gottes Lob. Der Glaube ergreift immer nur die Gnade und die Vergebung der Sünde; und weil durch den Glauben der Heilige Geist gegeben wird, darum wird auch das Herz befähigt, gute Werke zu tun.
Deshalb ist diese Lehre vom Glauben nicht zu schelten, dass sie gute Werke verbiete, sondern vielmehr dafür zu rühmen, dass sie lehrt, gute Werke zu tun, und Hilfe anbietet, wie man zu guten Werken kommen kann. Denn außer dem Glauben und außerhalb von Christus ist menschliche Natur und Vermögen viel zu schwach, gute Werke zu tun, Gott anzurufen, im Leiden Geduld zu haben, den Nächsten zu lieben, befohlene Ämter fleißig auszurichten, gehorsam zu sein, böse Lust zu meiden usw. Solche hohen und rechten Werke können ohne die Hilfe Christi nicht geschehen, wie er selbst sagt: "Ohne mich könnt ihr nichts tun" (Joh 15, 5).

Artikel 21: Vom Dienst der Heiligen
Vom Heiligendienst wird von den Unseren so gelehrt, dass man der Heiligen gedenken soll, damit wir unseren Glauben stärken, wenn wir sehen, wie ihnen Gnade widerfahren und auch wie ihnen durch den Glauben geholfen worden ist; außerdem soll man sich an ihren guten Werken ein Beispiel nehmen, ein jeder in seinem Beruf. Aus der Hl. Schrift kann man aber nicht beweisen, dass man die Heiligen anrufen oder Hilfe bei ihnen suchen soll. "Denn es ist nur ein einziger Versöhner und Mittler gesetzt zwischen Gott und den Menschen, Jesus Christus" (1. Tim 2,5). Er ist der einzige Heiland, der einzige Hohepriester, Gnadenstuhl und Fürsprecher vor Gott (Röm 8,34). Und er allein hat zugesagt, dass er unser Gebet erhören will. Nach der Hl. Schrift ist das auch der höchste Gottesdienst, dass man diesen Jesus Christus in allen Nöten und Anliegen von Herzen sucht und anruft: "Wenn jemand sündigt, haben wir einen Fürsprecher bei Gott, der gerecht ist, Jesus" (1. Joh 2,1) usw.

Während die Artikel 1-21 vom Glauben und von der Lehre der Kirche handeln, ist im zweiten Teil des Augsburger Bekenntnisses zu Missbräuchen im kirchlichen Leben Stellung genommen worden. Im Folgenden wird der Inhalt der umfangreichen Artikel 22-28 jeweils kurz umschrieben:

Artikel 22: Von beiderlei Gestalt des Altarsakraments
Den Laien wird bei uns das Sakrament in beiderlei Gestalt des Brotes und des Weines gereicht. Denn das ist ein klarer Befehl Christi: "Trinket alle daraus" (Matthäus 26,27). Christus gebietet in klaren Worten von dem Kelch, dass sie alle daraus trinken sollen. Und damit niemand diese Worte anfechten könne, als gehöre der Kelch allein den Priestern, zeigt Paulus 1. Korinther 11, dass die ganze Gemeinde der Korinther Brot und Wein genossen hat. Dieser Brauch ist auch lange in der Kirche geblieben, wie man durch die Schriften der Väter beweisen kann. Man soll daher das Christenvolk, wenn es das heilige Abendmahl nach Christi Einsetzung begeht, nicht zwingen, wider Christi Anordnung zu handeln.

Artikel 23: Vom Ehestand der Priester
Gott hat den Ehestand gestiftet (1. Mose 1). Ehelos bleiben ist eine besondere Gabe, die nicht jeder Mensch von Gott bekommt (Matthäus 19,12). Es ist nicht recht, wenn der Mensch aus eigenem Willen durch Gelübde ehelos bleiben will, es sei denn, Gott hat ihn zur Ehelosigkeit bestimmt. Wo trotzdem eigenmächtig Ehelosigkeit gelobt wurde, ist viel Not und Unzucht entstanden. Gottes Wort und Gebot können durch kein menschliches Gesetz oder Gebot gehindert werden. Darum haben aus diesen und aus anderen Gründen die Priester und Geistlichen geheiratet. In der christlichen Kirche konnten von Anfang an die Geistlichen verheiratet sein. So sagt Paulus: "Es soll ein Bischof unsträflich sein, eines Weibes Mann" (1. Timotheus 3, 2). Es sind aber erst vor vierhundert Jahren(im Jahre 1074) die Priester mit Gewalt vom Ehestand abgedrungen worden.

Artikel 24: Von der Messe (Vom Gottesdienst)
Die Messe ist von den Evangelischen nicht abgeschafft worden, sondern wird mit größerer Andacht als bei den Widersachern gehalten. Die gottesdienstlichen Formen sind nicht merklich geändert worden. Man hat aber den Irrtum abgeschafft, die Messe sei ein Opfer für Lebendige und Tote, mit dem man Sünde wegnehmen und Gott versöhnen könne. Die Schrift zeigt an vielen Orten an, dass es kein anderes Opfer für die Erbsünde und alle anderen Sünden gibt als allein den Tod Christi (Hebräer 9, 28; 10,10; 10,14). Die Leute werden über die Einsetzung und im rechten Gebrauch des Abendmahls unterwiesen.

Artikel 25: Von der Beichte
Bei uns wird das Altarsakrament erst gereicht, nachdem die Leute zuvor gebeichtet haben und absolviert worden sind. Dabei wird ihnen gezeigt, wie tröstlich das Wort der Absolution ist, in dem wir mehr als das Wort eines Menschen hören, nämlich Gott selbst, der die Sünde vergibt. Von niemandem kann verlangt werden, alle Sünden namentlich aufzuzählen, weil dies wegen der Verderbnis der menschlichen Natur unmöglich ist. Der Psalm spricht (19,13): "Wer kann merken, wie oft er fehlet? " Und Jeremia sagt (17, 9): "Es ist das Herz ein trotzig und verzagt Ding; wer kann es ergründen? "

Artikel 26: Vom Unterschied der Speisen (und von Kirchensatzungen)
Es ist schriftwidrig, wenn man Fastengebote, Ordensregeln und ähnliche menschliche Satzungen als heilsnotwendig angesehen und ihre Nichtbeachtung für Sünde ausgegeben hat, und wenn man umgekehrt die eigentlichen guten Werke, die Arbeit des Hausvaters, das Gebären und Erziehen der Kinder durch die Mutter oder die Regierung eines Landes durch die Obrigkeit als nur "weltliche" und unvollkommene Werke gegenüber jenen scheinbar heiligen Werken herabgesetzt hat. Der Artikel legt weiterhin dar, was die evangelisch-lutherische Kirche unter leiblicher Übung, Zucht und Askese versteht: Das heilige Kreuz zu erleiden, zu fasten und andere Übungen zu halten, damit wir nicht Ursache zur Sünde geben. Dadurch halten wir den Leib geschickt, dass er nicht verhindere, was einem jeden in seinem Stand zu tun befohlen ist. Es wird also nicht das Fasten selbst verworfen, sondern nur sein Missbrauch als ein verdienstvolles und auf bestimmte Zeiten festgelegtes Werk.

Artikel 27: Von Klostergelübden
Es war irrig, wenn man die Klostergelübde der Taufe gleichstellte, wenn man also lehrte, man könne mit dem Klosterleben Vergebung der Sünden und Rechtfertigung vor Gott verdienen. Wer durch Gelübde vor Gott gerechtfertigt werden will, ist von Christus abgekommen, raubt Christus, der allein gerecht macht, seine Ehre und gibt diese Ehre seinen Gelübden. Der Stand der Mönche ist keineswegs der Stand der Vollkommenheit. Die christliche Vollkommenheit besteht darin, dass man Gott ernstlich fürchtet und doch um Christi willen herzliches Vertrauen zu Gott fasst, dass man in aller Trübsal auf seine Hilfe hofft, mit Fleiß gute Werke tut und seinen Beruf ausübt.

Artikel 28: Von der Gewalt der Bischöfe
Unsere Kirche hält unbedingt fest an der Unterscheidung der beiden Regimente (Regierweisen), die Gott gegeben hat, des geistlichen und des weltlichen Regiments. Das geistliche Regiment besteht in dem Befehl und in der Macht, das Evangelium zu predigen, Sünde zu vergeben und zu behalten, die Sakramente zu reichen und zu handeln, die Lehre, die dem Evangelium zuwider ist, zu verwerfen, die Gottlosen, deren gottloses Wesen offenbar ist, aus der christlichen Gemeinde auszuschließen. Ihm ist keine menschliche Gewalt gegeben. Es wirkt allein durchs Wort. Das weltliche Regiment schützt nicht die Seelen, sondern Leib und Gut gegen äußerliche Gewalt mit dem Schwert und irdischen Strafen. Beide Regimente stammen von Gott. Sie dürfen nicht miteinander vermengt werden (Lukas 12, 14; Johannes 18, 36; 2. Korinther 10, 4). Die geistliche Gewalt soll nicht in das Amt der weltlichen Gewalt, die weltliche Gewalt soll nicht in das Amt der geistlichen Gewalt greifen. Wo das geistliche Regiment etwas gegen das Evangelium lehrt oder tut, haben wir den Befehl, dass wir ihm nicht gehorchen (Matthäus 7,15; Galater 1, 8; 2. Korinther 13, 8). Wo es Kirchenordnungen und Zeremonien einführt, dürfen sie nicht wider das Evangelium sein. Damit in der Kirche keine Unordnung und kein wüstes Wesen (zerstörerische Willkür) seien, soll man sich um der Liebe und um des Friedens willen unter sie fügen.

14.12.2020