Martin Luther

Ein Hörfunktag im Namen des Reformator Martin Luther.

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Konfession

Was ist lutherisch?

Martin Luther und andere Reformatoren haben den Kern des Evangeliums wieder zur Geltung gebracht. Sie wussten sich an die Bekenntnisse der frühen Christenheit gebunden.

Die evangelisch-lutherische Kirche ist aus der Reformation im 16. Jahrhundert hevorgegangen. Die Reformatoren wollten die alte Kirche grundlegend reformieren. Im Mittelpunkt der Reformation stehen der Mensch und sein Verhältnis zu Gott.

Die Überlegungen der Reformatoren führten zu umfangreichen Bekenntnissen - besonders der Kleine Katechismus Dr. Martin Luthers und das Augsburger Bekenntnis -, die bis heute die kirchlich-konfessionelle Lage prägen.

Im Kern geht es um das Gottesverhältnis des Menschen. Dabei sind vier Gedanken für den evangelisch-lutherischen Glauben leitend – vier Mal ein „allein“ (lateinisch ‚solus’): ‚Solus Christus, allein Jesus Christus ist der Grund und das Haupt der Kirche, denn in ihm zeigt sich der uns Menschen liebende Gott; ‚sola scriptura’, allein die Heilige Schrift ist Grundlage und Maßstab unseres Glaubens; ‚sola gratia’, allein durch Gottes Zuwendung und Gnade erlangen wir Heil und Leben; ‚sola fide’, allein durch den Glauben, ohne unsere Leistung und unser Zutun, sind wir in Gottes Augen gerechtfertigt.

Theologische Grundlagen

Luther gründet seine Auffassung auf die Bibel, die er allen anderen Autoritäten entgegensetzt. Jeder Mensch ist selbst in der Lage die Bibel zu verstehen. Deswegen haben sich Luther und die anderen Reformatoren dafür eingesetzt, dass die Bibel ins Deutsche übersetzt wird. Die Bibel bezeugt Gottes Wort, verkündet es und lässt es aktuell werden: Auf diese Weise wird die Schrift selbst zum Wort Gottes. Im Mittelpunkt der Bibel steht das Evangelium Jesu Christi, von dem aus die ganze Heilige Schrift/Bibel zu verstehen und zu interpretieren ist.

Gnade vor Recht, so könnte man die zentrale Botschaft der Reformation auf den Punkt bringen. Ganz egal, was uns gelingt oder was uns misslingt, Gott lässt Gnade vor Recht geschehen. Die Vergebung, die Gott uns anbietet, wird uns aber nur dann betreffen, wenn wir sie uns gefallen lassen, wenn wir ihr vertrauen, darauf bauen und damit letztlich glauben.

Das Vergebungsgeschehen ist uns in Jesus Christus vor Augen getreten. In Jesus Christus zeigt Gott seine Nähe zu uns Menschen, selbst im Leiden, im Sterben bis in den Tod ist Gott bei uns. In Christus hat Gott zum Heil der Menschen gehandelt, er hat die Sünde und den Tod als von Gott Trennendes ein für alle Mal weggenommen. Der Glaube vereint den Gläubigen mit Christus und lässt ihn an dessen Liebe, dessen Gerechtigkeit und dessen ewigen Leben teilhaben. Kurz gesagt: allein aus Gnade, allein aus Glauben, allein durch Christus: Sola gratia. Sola fide. Solus Christus.

Das Bekenntnis zum dreieinigen Gott ist Ausdruck des Glaubens. In den überlieferten Bekenntnissen haben die Generationen zusammengefasst gefunden, was in der Bibel von Gott bezeugt wird. Die Bekenntnisse bestimmen auch die Lehre der lutherischen Kirche, konkret das Apostolische Glaubensbekenntnis, das Glaubensbekenntnis von Nizäa-Konstantinopel, der Kleine Katechismus Dr. Martin Luthers, das Augsburger Bekenntnis, die Theologische Erklärung von Barmen und die Leuenberger Konkordie. Das Bekenntnis leitet zum Verständnis des Wortes Gottes an und das Wort Gottes zielt auf bekennende Antwort. Wie die Bibel verstanden werden kann und welches die grundlegenden Aussagen über christliches Leben sind, muss immer wieder neu auf Basis der Bekenntnisse in Worte gefasst werden.

Glauben wird den sogenannten Laien genauso geschenkt wie ausgebildeten Theologinnen und Theologen. Deshalb sind für die Reformatoren alle Christen gleich. Jeder, jede kann das Evangelium weitergeben, in der Familie, im Freundeskreis, im Arbeitsumfeld. Jedes Glied der Gemeinde soll durch alle Gaben mitwirken, die ihm der Heilige Geist gegeben hat.

Gleichzeitig ist das kirchliche „Amt“ unverzichtbar. Pfarrerinnen und Pfarrer sind in professioneller Weise für Predigt und Sakramentsverwaltung in der Öffentlichkeit zuständig. Übertragen wird das kirchliche Amt durch eine ordnungsgemäße Berufung, die Ordination oder die Beauftragung. Die Leitung der Kirche geschieht in geistlicher Hinsicht in erster Linie durch die Verkündigung selbst, im Hören und Auslegen der Heiligen Schrift. Dabei wirken sowohl Nicht-Ordinierte und Ordinierte zusammen. Das Bischofsamt ist ein besonderer Pfarrdienst. Als Amt eines pastor pastorum (Hirte der Hirten, Seelsorgerin der Seelsorgerinnen) ist es zugleich ein geistliches Leitungsamt.

In der Augsburgischer Konfession ist die Kirche in Artikel VII dort zu finden: „wo Gottes Wort gehört, das Evangelium unverfälscht verkündet wird und die Sakramente ihrer Einsetzung gemäß gefeiert werden“ (Augsburger Bekenntnis, Artikel VII). Alle Glaubenden sind Leib Christi und Volk Gottes und bilden somit die Kirche. Die äußeren Zeichen der Kirche sind die Verkündigung des Evangeliums und die Verwaltung der Sakramente.. Die Organisation der Kirche ist dadurch nicht unwandelbar festgelegt sie kann sich zu verschiedenen Zeiten und in verschiedenen Kulturen unterschiedlich gestalten. Die lutherische Definition von Kirche ist von großer ökumenischer Weite. Sie erlaubt es, alle christlichen Gemeinschaften als Kirchen anzuerkennen, wenn denn die reine Verkündigung des Wortes und die rechte Verwaltung der Sakramente gewährleistet sind.

Zu den Kennzeichen der Kirche gehört nach lutherischem Verständnis neben der Predigt des Evangeliums die Feier von Taufe und Abendmahl. Diese beiden Sakramente sind die sichtbare und leibliche Form der Zusage „Christus für dich“.

In der Taufe sagt Gott sich dem einzelnen Menschen ein für alle Mal zu. Zugleich ist die Taufe eine unwiederholbare Handlung, die das ganze Leben des Christen prägt. Durch die Taufe baut Gott seine Gemeinde und fügt die Getauften in die Gemeinschaft der einen Kirche Jesu Christi ein. Die Einheit mit Christus, die in der Taufe geschenkt wird, ruft danach, Trennungen zu überwinden und die Gemeinschaft aller Christinnen und Christen sichtbar werden zu lassen.

In der Feier des Heiligen Abendmahls ist Jesus Christus selbst in, mit und unter Brot und Wein gegenwärtig. Gottes Menschenfreundlichkeit lässt sich schmecken. Für Martin Luther war „das ganze Evangelium“ in den Einsetzungsworten als einer „kurzen Summe“ zusammengefasst: „für dich gegeben, dir zu gut“.

12.02.2024
Andrea Seidel