München liest aus verbrannten Büchern

Auf dem Königsplatz in München sind am 10. Mai 1933 zahllose Bücher verbrannt worden.

Bild: Raupach / iStock

München/Regensburg

Lesen aus verbrannten Büchern

Am Jahrestag der Bücherverbrennung findet auf dem Königsplatz in München eine Großveranstaltung statt. In Regensburg wird aus Büchern gelesen, die von den Nazis am 10. Mai 1933 verbrannt worden sind.

Es werden Texte aus Büchern gelesen, die die Nationalsozialisten am 10. Mai 1933 am selben Ort in Brand gesteckt hatten. Lesen werden rund 100 interessierte Bürger und Prominente, darunter etwa der Liedermacher Konstantin Wecker, Schauspieler, Politiker und Hochschulvertreter und die Münchner Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler, die aus Joseph Roths weltbekannten Roman "Hiob" lesen wird. Darin schildert Roth den Leidensweg des jüdisch-orthodoxen Toralehrers Mendel Singer in Russland und im amerikanischen Exil - analog zur tragischen Existenz des biblischen Hiob. Deshalb sei die Geschichte transparent für den Fortgang des Schicksals des jüdischen Volkes, sagte die evangelische Theologin dem epd.

Der Künstler Wolfram P. Kastner will zudem am Königsplatz vor der Antikensammlung "wieder eine Brandspur sichtbar" machen, "damit kein Gras über die Geschichte der Brandstiftung wächst", wie er mitteilte. Vor 86 Jahren, wenige Wochen nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten, hatten laut Kastner rund 50.000 Münchner an der nächtlichen Bücherverbrennung teilgenommen, die von Studierenden der großen Münchner Universitäten inszeniert wurde. Verbrannt wurden Bücher vieler bekannter Autoren, etwa von Bertolt Brecht, Lion Feuchtwanger, Erich Kästner, Heinrich Mann, Anna Seghers oder Kurt Tucholsky.
 

Ab März 1933 waren in Deutschland Bücher und Bibliotheken vernichtet worden. In München begann laut Mitteilung "der Terrorakt gegen das angeblich 'volkszersetzende Schrifttum'" mit einer Auftaktveranstaltung im Lichthof der Ludwig-Maximilians-Universität. Nach einem nächtlichen Fackelzug durch die Stadt wurde auf dem Königsplatz die Verbrennung inszeniert und die "undeutschen" Bücher der "Reichsfeinde" ins Feuer geworfen. Viele der verbrannten Bücher und ihre Autoren sind bis heute weitgehend unbekannt.

Zahlreiche Autoren schrieben damals für Frieden und Freiheit, gegen Rassenwahn und Rechtsextremismus. Diese Texte seien heute so aktuell wie damals, sagt Kastner. Wie in den vergangenen Jahren sind alle Interessierten eingeladen, am 10. Mai fünf Minuten aus einem der "verbrannten Bücher" vorzulesen - dort, wo diese auf alle Zeit vernichtet werden sollten.

"Für Frieden und Menschenrechte - gegen Rüstung und Krieg" ist das Motto der Veranstaltung. Veranstalter sind unter anderem das Evangelisch-Lutherische Dekanat München, mehrere Universitäten und Hochschulen, die Israelitische Kultusgemeinde, die Landeshauptstadt München und das Residenztheater. Die Kunstaktion "Brandfleck" von Wolfram P. Kastner beginnt um 10 Uhr auf dem Königsplatz. Von 11 bis 18 Uhr finden die Lesungen statt.

Regensburg erinnert an Bücherverbrennung
Auf dem Neupfarrplatzin Regenburg wurden am 12. Mai 1933 Bücher verbrannt, organisiert von der örtlichen Hitlerjugend. Eine Gedenklesung in der evangelischen Neupfarrkirche will am Freitag (10. Mai) unter dem Titel "Verbrannte Bücher - verbannte Dichter" daran erinnern, wie die Staatliche Bibliothek mitteilte. Autoren und Autorinnen des Schriftstellerverbandes Ostbayern lesen zu diesem Zweck Texte verfolgter Literaten. Bibliotheksleiter Bernhard Lübbers führt in die historischen Hintergründe ein.

08.05.2019
epd