aufgeschlagene Bibel

Das Buch der Bücher ist eine ganze Bibliothek.

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Aufbau der Bibel

Eine ganze Bibliothek

Spricht man von der Bibel als einem Buch, so ist das eigentlich zu wenig. Denn das Buch der Bücher ist eine ganze Bibliothek von 66 ursprünglich selbständigen Schriften.

Die längste ist das Buch der Psalmen mit 150 Kapiteln, die kürzeste Schrift, der zweite Johannesbrief, ist gerade einmal eine halbe Seite lang. Am augenfälligsten ist die Zweiteilung: Das Alte Testament mit seinen umfangreichen Geschichts-, Psalmen- und Prophetenbüchern umfasst drei Viertel, das wesentlich kürzere Neue Testament mit den Evangelien nur ein Viertel des Gesamtumfanges.

Was bedeutet eigentlich...(2)

"Von Pontius zu Pilatus gehen"

Jesus wird im Prozess von Pontius Pilatus, der zunächst keinen Anlass sieht, Jesus zu verurteilen, zu Herodes als dem für Jesus zuständigen Landesfürst geschickt. Dieser sandte ihn aber wieder zu Pilatus zurück. (Lukas 23)

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Der Länge der beiden Teile entspricht in etwa ihre Entstehungszeit: Während die Schriften des Neuen Testaments auf die ersten beiden Jahrhunderte christlicher Zeitrechnung datiert werden können, ist das Alte Testament nach heutigem Forschungsstand etwa zwischen dem zehnten und dem zweiten vorchristlichen Jahrhundert entstanden.

Der erste Teil der Bibel enthält die Heiligen Schriften unserer Ursprungsreligion, des Judentums: Die Gesetzesbücher (der Pentateuch), die Geschichtsbücher, die poetischen Schriften und die Propheten. Deshalb ist die Bezeichnung „Altes Testament“ nicht unproblematisch. Ist der Bund, den Gott mit dem Volk Israel geschlossen hat, überholt und hat ausgedient? Sah sich nicht viel mehr Jesus ganz in der Tradition und in Kontinuität zum jüdischen Glauben? Deshalb werden heute gerne andere Bezeichnungen wie „Erste Bibel“ oder „Hebräische Bibel“ verwendet.

aufgeschlagene Bibel,© ELKB / Poep

Bild: ELKB / Poep

Im Zentrum des jüdischen Glaubens und am Anfang unserer Bibel steht der älteste Teil der hebräischen Bibel, die fünf Bücher Mose (Pentateuch = fünf Rollen). Sie handeln keineswegs alle von Mose, sondern sind eine reiche Sammlung von Erzählungen sowie Gesetzes- und Geschichtstexten aus unterschiedlichen Entstehungszeiten.

... enthält die Urgeschichte, die Erschaffung der Welt und des Menschen, den Sündenfall und die Vertreibung aus dem Paradies, die Erzählungen von der großen Flut und den Turmbau zu Babel. In den Vätergeschichten begegnen wir mit Abraham und Sarah, Jakob und Josef den ersten Menschen, denen Gott Land und Nachkommen verheißt, die er auf ihren verworrenen Wegen begleitet und denen er immer wieder in Gefahr und Not zur Seite steht.

... berichtet vom Schicksal der Nachkommen Jakobs in Ägypten, von der Berufung des Mose und vom schwierigen, mühseligen Weg in die Freiheit. Es erzählt von dem Geschenk Gottes an sein Volk: die Offenbarung der Gebote am Sinai.

... beinhaltet eine Sammlung von Gesetzen zu Reinheit und Unreinheit, Opfergebräuchen und dem Kult.

... setzt das Volk Israel seine Wüstenwanderung in Gottes Begleitung fort und erhält weitere Gesetze.

Eine Sonderstellung nimmt das fünfte Buch Mose (Deuteronomium) ein. Dieses Buch, das in Stil und Datierung gänzlich von den anderen Büchern abweicht und als Testament des Mose gestaltet ist, versteht sich als Gesetz unter Gottes Führung, das das zwischenmenschliche Zusammenleben und den Kult regelt.

Die Bücher Josua, Richter, die beiden Samuel- und die Königsbücher, die beiden Chroniken, Esra und Nehemia, setzen die Geschichte des Volkes Israel fort: von der Landnahme über die charismatischen Richtergestalten, das erste Königtum, die Reichsteilung und die babylonische Gefangenschaft bis hin zur Rückkehr nach Israel.

Sie umfassen die relativ jungen weisheitlichen Schriften Sprüche, Prediger und Hiob sowie die Liedsammlung der Psalmen und das wunderbar poetische Hohelied.

Sie sind unterteilt in die „Großen Propheten“, umfangreiche Lebensbeschreibungen und Prophetenspruchsammlungen der Propheten Jesaja, Jeremia und Ezechiel sowie die Sammlung der kleinen Propheten (Hosea, Joel, Amos, Obadja, Jona, Micha, Nahum, Habakuk, Zephania, Haggai, Sacharia, Maleachi). Ein klarer Blick auf die Missstände ihrer Zeit, der Mut zum Widerstand und eine deutliche, manchmal drastische Sprache einen diese Schriften.

Mit Jesus Christus ist für seine Anhänger eine neue Zeit, eine neue Dimension angebrochen. Mit seinem Leben, Leiden, Sterben und Auferstehen, seiner Person und dem christlichen Leben in der Nachfolge Jesu beschäftigt sich das ganze Neue Testament. Aus den Evangelien, den Lebensdarstellungen Jesu, wie in den Briefen, die meist auf ganz konkrete Fragestellungen und Situationen urchristlicher Gemeinden eingehen, erfahren wir etwas über Grund und Inhalt unseres Glaubens sowie über die Anfänge der Kirche. Eine Sonderstellung nimmt das letzte Buch der Bibel ein: die Offenbarung des Johannes, eine prophetisch-apokalyptische Schrift aus dem Ende des ersten Jahrhunderts, die mit ihren kaum noch zu entschlüsselnden Bildern schwer zu verstehen und faszinierend zugleich ist.

Wie bei allen berühmten Persönlichkeiten, so haben auch bei Jesus Christus Menschen nach seinem Tod damit begonnen, seine Lebensgeschichte niederzuschreiben. „Viele haben es schon unternommen, Bericht zu geben von den Geschichten, die unter uns geschehen sind“, schildert der Evangelist Lukas die Situation. Eine neue Gattung entsteht: das Evangelium, Mischung aus Biographie, Predigtsammlung und Glaubenszeugnis, die das Leben Jesu bis hin zu seiner Auferstehung schildert. Einen breiten Raum nimmt dabei die Passion ein, Jesu Leidensgeschichte bis zu seinem Tod am Kreuz. Gleich vier Evangelien (etwa zwischen 70 und 100 nach Christus) sind im Neuen Testament zu lesen: das Markus-, Matthäus-, Lukas- und das Johannesevangelium, jeweils eigen in Sprache, Theologie und Anliegen. Fast alles, was wir über das Leben und Wirken Jesu Christi wissen, erfahren wir aus diesen Schriften. Uns heute bietet das die Gelegenheit, Denken und Glauben der ersten Christen kennen zu lernen und hinter den – oft parallelen, manchmal voneinander abweichenden – Zeugnissen dem Menschen Jesus Christus näher zu kommen. Eine Besonderheit stellt die Apostelgeschichte dar. Sie setzt das Lukasevangelium fort und beschreibt die Entstehung der Kirche nach Pfingsten und das Leben der ersten Christen als Wirken des heiligen Geistes.

In den ersten Jahrzehnten nach Jesu Tod entwickelten die Christen von Jerusalem aus eine rege Missionstätigkeit in der griechisch-römischen Welt. Neben Petrus und Jakobus, dem Bruder Jesu, tritt dabei vor allem einer in Erscheinung: Paulus, erster nachchristlicher Apostel, der nach seiner Bekehrung aus dem Judentum zum engagierten Missionar unter den Heiden und zu dem vielleicht profiliertesten Denker des Urchristentums wurde. Seine Briefe an kleinasiatische und römische Gemeinden sind die frühesten uns erhaltenen christlichen Dokumente – Zeugnisse von der ersten Entwicklung einer christlichen Theologie und vom Leben in heidenchristlichen Gemeinden. Gleichzeitig sind sie Mahnung und Erbauung der Christen in ihren speziellen Notlagen und Fragen. Das Neue Testament enthält sieben echte Paulusbriefe (an die Römer, Galater, Philipper, 1./2.Korinther, 1. Thessalonicher und den kurzen Philemonbrief) und weitere Briefe, die Paulus zugeschrieben werden (Epheser- und Kolosserbrief sowie die so genannten Pastoralbriefe (1. und 2. Brief an Timotheus und Titusbrief)). Daneben finden sich auch Schreiben anderer frühchristlicher Autoren: Der 1. und 2. Petrusbrief, der Jakobusbrief, die drei Johannesbriefe und der Hebräerbrief.

14.12.2020
Anne Lüters